Teppichgift verbieten

■ Bundesgesundheitsamt klagt über Industrie / Entwurf für Verbot liegt vor

Berlin/Saarbrücken (AP/dpa) – Dem Bundesgesundheitsamt (BGA) sind nach Angaben des zuständigen Abteilungsleiters Wolfgang Lingk 73 Verdachtsfälle von Gesundheitsschäden durch das Holz- und Teppichschutzmittel Permethrin gemeldet worden. Seine Behörde versuche bereits seit längerem, die Teppichindustrie dazu zu bewegen, freiwillig auf die Verwendung von Permethrin in Teppichen zu verzichten, so Lingk. Doch „die Industrie tut sich sehr, sehr schwer“. In Bonn liege bereits ein Entwurf für ein Verbot vor. Lingk kündigte für kommenden Donnerstag ein weiteres Gespräch des BGA mit der Teppichindustrie an. Nach seinen Angaben sind „nur fünf Prozent der insgesamt verwendeten Holzschutzmittel permethrinhaltig oder enthalten ähnliche Stoffe“. Berichte über 10.000 Krankheitsfälle könne er nicht bestätigen.

Permethrin reichert sich im Hausstaub an. „Wenn Menschen dem Stoff in hohen Mengen ausgesetzt und sie sehr, sehr empfindlich darauf reagieren, kann es zu Reizerscheinungen an der Haut bis in zu Taubheitsgefühlen kommen“, so Lingk. Die gelbe, geruchlose Substanz wirkt bei Insekten als Kontakt- und Fraßgift. Es ersetzt heute Lindan oder DDT. Das Nervengift kann bei den Tieren innerhalb von Minuten zu Krämpfen, Lähmungen und schließlich zum Tode führen. Für Menschen soll es etwa 5.000mal ungefährlicher sein als für Insekten. Auch seien Belastungen reversibel, wie Lingk betonte. Sie gingen zurück, wenn kein Kontakt mehr zu dem Stoff bestehe. Sorge bereitet dem BGA vor allem, daß alle Teppichböden mit dem Wollsiegel weitgehend mit Permethrin behandelt seien. Da keine Genehmigungsverfahren für die Chemikalie vorgeschrieben seien, „ist es für uns außerordentlich schwer, die Industrie zu motivieren“. Das Internationale Wollsekretariat aus Düsseldorf erklärte, allein in Deutschland lägen 300 Millionen Quadratmeter wollhaltiger Teppichböden. Ohne Imprägnierung mit einem Insektizid gegen Motten würden „abenteuerliche Verluste“ entstehen.