Streit um Sanierung der Flughafen GmbH

■ Der Wirtschaftssenator will ein Exempel statuieren. Die ÖTV auch Von Florian Marten

Helle Aufregung herrscht derzeit vor und hinter den Kulissen der Flughafen Hamburg GmbH (FHG). Anlaß ist ein treffend „Grobkonzept FHG“ überschriebener Papierhaufen der FHG-Geschäftsführung: Die Zerschlagung der FHG in zehn GmbHs, ein Personalabbau von 200 bis 400 Stellen und eine 20-prozentige Lohnkürzung sollen den 1500-Mann-Betrieb fit machen für den knallharten europäischen Wettbewerb.

An der Notwendigkeit einer Generalüberholung der für Mißmanagement und Schlafmützigkeit berüchtigten Staatsfirma (Gesellschafter: 64 Prozent Hamburg, 26 Prozent Bund, 10 Prozent Schleswig-Holstein) zweifelt in Hamburg niemand: Ständige rote Zahlen und schlechte Serviceleistungen machten die FHG zu einem der Schmuddelkinder in Hamburgs Staatsfirmengarten. Schon kurz nach seiner Amtsübernahme setzte Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (Statt-Partei) die FHG ganz oben auf seine Aktivitätsliste. Taten folgten: Die Geschäftsführung der FHG, wurde verdonnert, ein Konzept „für eine wettbewerbsgerechte Neustrukturierung“ der FHG zu präsentieren.

Das Spitzen-Management der FHG, dem nach taz-Informationen nach ersten Umbesetzungen noch „weitere Nächte der langen Messer“ drohen, reagierte aufgeschreckt. In hektischer Eile strickte die Führungscrew ein Radikalprogramm, das eine auf EU-Ebene noch heftig umstrittene Liberalisierung der bisherigen Flughafenmonopole vollständig vorwegnimmt. Wie bereits bei der Bundesbahn (Öffnung der Gleise für Private) und bald bei der Post (Öffnung für private Wettbewerber) würden dann auch private Dienstleister auf den Flughäfen die Idylle aufmischen dürfen.

Vor allem US-amerikanische Fluglinien hatten zuvor die EU-Direktionen für Wettbewerb und Verkehr mit Eingaben und Beschwerden wg. Wettbewerbsverzerrung bombardiert. Eine erster EU-Entwurf zur Liberalisierung des Flughafenmonopols sah denn auch einen fast völlig freien Wettbewerb für die „Bodenabfertigungsdienste“ vor. Angesichts erheblicher Bedenken der Praktiker, die Sicherheitsrisiken und Chaos befürchteten, mußte dieser Entwurf jedoch zurückgezogen werden. Derzeit wird in den verschiedensten Gremien europaweit heftig um Notwendigkeit und Ausmaß einer derartigen Liberalisierung gestritten.

Für die FHG-Manager ist jedoch keine Frage, daß die volle Liberalisierung innerhalb der „nächsten ein, zwei Jahre kommt“. Ihr „Grobkonzept“ sieht deshalb eine klassische Dumpingstrategie vor: Billigdienste bei Reinigung, Gepäckabfertigung, Flugzeugbeladung etc. sollen von eigenständigen Gesellschaften abgewickelt werden. Vorteil: Das aufgeblähte FHG-Management, von einer echten Sanierung ernsthaft bedroht, kann so eine Vielzahl neuer Geschäftsführerjobs schaffen.

Für die Gewerkschaft ÖTV, die schon heute 55 Prozent der FHG-Beschäftigten in ihren Mitgliederlisten führt, ist dieses Konzept „ein massiver Angriff auf Arbeitsplätze, öffentliche Unternehmen, Arbeits- und Tarifbedinungen“. Hamburgs ÖTV-Vorständler Wolfgang Rose weigert sich jedoch überzeugend, den Oldie „Gewerkschaft verteidigt überkommene Besitzstände gegen notwendige Modernisierungsstrategie“ zu spielen. „Im Gegenteil“, so Rose: „Wir und die FHG-Betriebsräte fordern seit langem eine Optimierungsstrategie für die FHG. Wir sind für die Steigerung von Effizienz, Produktivität und die Verbesserung der Betriebsabläufe. Die behördenähnliche FHG muß zu einem modernen Dienstleister werden, Hierarchien abbauen, ihre Verwaltung ausdünnen und die Arbeit an der Front verbessern.“ Statt eines wilden Geschäftsführer-Monopolys, das allenfalls mit 560-Mark-Arbeitskräften lukrativ gestaltet werden kann, empfiehlt die ÖTV eine Renovierung der FHG im Dialog mit den Beschäftigten.

Rose: „Wir sind bereit, über alles zu reden. Was wir aber nicht mitmachen, ist eine Liberalisierung um jeden Preis, aus purer Ideologie.“ Die hartnäckigen Nachfragen der ÖTV und eine außerordentliche Betriebsversammlung führten schon mal zur Verschiebung der entscheidenden Aufsichtsratssitzung von Juni auf August. Sollte es allerdings beim Grobkonzept-Kurs von Wirtschaftsbehörde und FHG-Management bleiben, will die ÖTV den Hammer auspacken: „Wir können den Flughafen stillegen.“