Noch „a Watschn“ für die SPD

Nach der SPD-Wahlschlappe in München hat Oberbürgermeister Ude keine sichere Mehrheit mehr / Die erhoffte rot-grüne Signalwirkung für die anstehenden bayerischen Landtagswahlen ist dahin  ■ Von Thomas Pampuch

München (taz) – München, die Hauptstadt Amigolandias, ist um eine Erkenntnis reicher: Skandale und Spezlfilz sind nicht nur kein Hindernis auf dem Weg zur Mehrheit, sie zahlen sich sogar aus. Wie der berühmte Knödel in der Suppe suhlte sich Münchens schon fast abgeschriebener CSU-Vorsitzender Peter Gauweiler nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse der Münchner Stadtratswahlen in neu gefundenem Selbstbewußtsein: Mit 35,7 Prozent und einem Zugewinn von über fünf Prozent ist die CSU mit 30 Sitzen zur stärksten Fraktion im Rathaus geworden. Die alte Rathausmehrheit für Rot- Grün ist dahin. Die SPD hat mit rund 34 Prozent (29 Sitze) ihr schlechtestes Ergebnis seit 1948 bekommen, was landesüblich kernig als „böse Watschn“ für den erst im letzten September (gegen Gauweiler) siegreichen OB Christian Ude gewertet wird. Daß die Grünen erstmals zweistellig (10,1 Prozent, neun Sitze) geworden sind, hilft da nur bedingt, denn selbst wenn sich Rot/Grün mit den zwei Stadträten der Wählergruppe „David gegen Goliath“ und der ÖDP verbindet, hat dieser „Regenbogen“ nur 40 von 80 Sitzen. Das rechte Lager kommt zusammen mit der FDP (drei Sitze), den Reps (vier Sitze), der unsäglichen Autofahrerpartei (ein Sitz) und den CSU-Yuppies von der Jungen Liste, deren Beschwerde, die Nachwahl erst nötig gemacht hatte, mit zwei Stadträten ebenfalls auf 40 Sitze.

Lange Gesichter gab es in der SPD-Zentrale schon Sonntag abend, als die Ergebnisse der Europawahl eintrudelten. Der bayerischen SPD-Vorsitzenden Renate Schmidt schwante auch für München Böses. Tapfer sprach sie davon, das Ergebnis sei nicht der Anfang vom Untergang, sondern der „Anfang von mehr Arbeit“.

Spätestens ab Montag abend wurde dann klar, daß die erste Arbeit für Christian Ude darin bestehen wird, sich mühselig eine Mehrheit im Stadtrat zu basteln. Die bei Grünen und linker SPD erhoffte Bestätigung erfolgreichen rotgrünen Wirkens als Signalwirkung für die bald anstehenden bayerischen Landtagswahlen oder gar die Buntestagswahlen ist voll daneben gegangen. Grund genug für manche rechten SPD-Leute (und auch für fast die gesamte Münchner Presse), nun eine Zusammenarbeit mit der CSU zu fordern. In der treten sich derweil die Kandidaten für einen schwarzen zweiten Bürgermeister schon auf die Füße.

Kein Wunder, daß trotz der zwei Prozent Gewinn bei den Münchener Grünen nicht eitel Freude herrschte. „Mit den Sozis ist wirklich nichts zu machen“ wurde geklagt. Die grüne Bürgermeisterin Sabine Csampai muß ernsthaft um ihr Amt fürchten.

Es ist sicher nicht allein die niedrige Wahlbeteiligung (knapp unter 60 Prozent), die zu dem bösen Einbruch der SPD geführt hat. Daß die CSU im Europawahlkampf geschickt agiert hat, bescheinigte ihr selbst Renate Schmidt: „Stoiber: Europa, nein danke, Waigl: Europa, ja bitte, da ist für jeden was dabei.“ Und sicher hat die Europawahl auf die Stadtratswahl abgefärbt. Dazu kommt aber auch, daß sich die SPD schlicht auf den Affairen der CSU ausgeruht hat und meinte, mit einem bloßem „Rote Karte für Amigos!“ leichte Ernte einfahren zu können. Daß OB Ude nicht immer den Finger am Puls der Massen hat, bewies er im übrigen bereits am Morgen des schwarzen Sonntags. Da feierte halb München auf dem Marienplatz den Aufstieg des TSV 1860 in die erste Bundesliga. Und Ude eröffnete seinen Lobrede auf die „Löwen“ mit einem Hinweis auf den verhaßten Lokalrivalen FC Bayern. Leicht möglich, daß der sich daraufhin in einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert äußernde Unmut bis in die Wahlkabinen fortwirkte.