Eine Stadt als Konzern

■ Tagung der SPD-Fraktion zur Verwaltungsreform / Duisburg lehrt, wie der Öffentliche Dienst mit weniger Geld trotzdem mehr und Besseres leisten kann

Eine Lektion in den Möglichkeiten der Verwaltungsreform nahmen gestern über 200 Behördenmitarbeiterinnen, Personalräte und Politikerinnen auf Einladung der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. Vor allem die Duisburger Kämmerin Monika Kuban rechnete den versammelten VerwalterInnen Bremens vor, wie das „Dienstleistungsunternehmen Stadt“ auch bei drastisch geschrumpften Finanzmitteln zu besserer Qualität gebracht werden kann. „Die enorme Haushaltskrise hat bei uns sogar als Motor für die Entwicklung eines neuen Verwaltungsmanagements gewirkt“, sagte Kuban.

Duisburg ist mit Abstand die ärmste der deutschen Großstädte über 500.000 Einwohner. Trotzdem ist sie inzwischen auch die einzige, die einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann. Dagegen gibt zum Beispiel der Bremer Staat in jedem Jahr 20 Prozent mehr Geld aus, als er einnimmt. Wendepunkt des Duisburger Niedergangs sei vor vier Jahren die Umwandlung der traditionellen staatlichen Haushaltsführung mit festen Jahresetats in eine betriebliche Wirtschaftsführung gewesen, die es jedem einzelnen Amt und der Kämmerei erlaubt, die erbrachten Leistungen ins Verhältnis zu ihren Kosten und Erlösen zu setzen. Als „Konzern Stadt Duisburg“ bezeichnete Kuban, was am Ende dieses Umstrukturierungsprozesses stehen soll.

Zu diesem neuen Verwaltungsverständnis gehören regelmäßig zweimal im Jahr durchgeführte BürgerInnen-Befragungen zur Qualität der Verwaltung. Als Elemente einer leistungsorientierten Bezahlung gibt es sowohl außertarifliche Zulagen für Führungskräfte als auch Zulagen für alle Verwaltungsbereiche, die im Vergleich zu Angeboten der Privatwirtschaft günstiger arbeiten. Tatsächlich sucht Duisburg sein Heil nämlich nicht in einer Privatisierung öffentlicher Dienste. Kuban: „Diese Flucht wird bis auf wenige begründete Ausnahmen heute nicht mehr als gangbarer Weg angesehen.“

Stattdessen sollen professionelles Management, ergebnisorientierte Geldzuweisung, strenges Controlling und ein stärkeres Wettbewerbsdenken im Öffentlichen Dienst selber verankert werden. Kuban: „Die Erfahrung mit 15 Jahren Krisenmanagement hat uns dabei sehr geholfen. Eine Finanzkrise wird erst dann zur Katastrophe, wenn man sie als solche erlebt.“

Natürlich hätten die drastischen Sparmaßnahmen auch in Duisburg zu einem „enormen Leistungsabbau und der Schließung von Einrichtungen wie Schwimmbädern und Jugendzentren“ geführt, berichtete Kuban. Trotzdem sei es gelungen, sogar über den Abbau von 500 Stellen im laufenden Jahr – rund sechs Prozent der Gesamtzahl – am „runden Tisch“ eine Vereinbarung mit ÖTV und Personalrat zu finden. Denn statt der in Bremen üblichen pauschalen Kürzung nach der Rasenmähermethode habe man sich in Duisburg auf ein sehr differenziertes Modell geeinigt. So müssen zum Beispiel die Dezernate für Sport, Hoch- und Tiefbau, Kultur und der Oberstadtdirektor über sechs Prozent ihrer Ausgaben einsparen, während die Quote im Schul-, Jugend-, Sozial- und Polizeibereich nur rund drei Prozent beträgt.

Die geballte Ladung konkreter Reformideen stieß beim Bremer Publikum auf gespanntes Interesse. Deutliches Murren war allerdings zu hören, als Kuban auf den notwendigen Abbau von liebgewonnenen Privilegien zu sprechen kam: „Man kann natürlich nicht in der Verwaltung immer weiter sparen und gleichzeitig bei den kommunalen Stadtwerken ein 14. Monatsgehalt zahlen.“

Und auch Finanzsenator Volker Kröning erntete Protest mit seiner These, daß das Bremische Personalvertretungsgesetz dringend reformbedürftig sei. Kröning: „Sowohl die Mitbestimmungs- als auch Leitungspraxis wirken in ihrer jetzigen Form auf den Öffentlichen Dienst wie ein kräftiges Schlafmittel.“ Aber in Bremen, „das als Sanierungsfall wie ein Unternehmen in einem Vergleichsverfahren zu sehen ist“, sei die „Ressource Zeit“ jetzt besonders wichtig.

Und Krönings Staatsrat Günter Dannemann bedauerte, daß in Bremen der Reformprozeß kaum begonnen habe: „Oft wissen wir im öffentlichen Dienst nicht, was wir leisten. Aber noch weniger wissen wir, was unsere Leistungen kosten.“ Dirk Asendorpf