Hausverwalter schickte bewaffneten Räumtrupp

■ Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anstiftung zum schweren Landfriedensbruch

Die schweren Vorwürfe der HausbesetzerInnen der Rigaer Straße 60 in Friedrichshain, daß der Eigentümer versucht habe, das Gebäude durch einen vermummten Schlägertrupp räumen zu lassen (s. taz vom 31. Mai), haben sich bestätigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen den Hausverwalter wegen Anstiftung zu schwerem Landfriedensbruch, so Frank Thiel von der Justizpressestelle. Der Hausverwalter, der Kaufmann Hans Dieter Rosemann, steht in dem Verdacht, die gewaltsame Räumung in den Morgenstunden des 29. Mai durch einen selbstorganisierten bewaffneten Räumtrupp, an dem Mitarbeiter einer Wachschutzfirma beteiligt gewesen sind, in Auftrag gegeben zu haben.

Im Beisein der Staatsanwaltschaft wurden am Dienstag bei Durchsuchungen von Wohnungen von Mitarbeitern der Wachschutzfirma diverse Vermummungsgegenstände, Hiebwaffen, Baseballschläger und Tonfas gefunden, sagte Frank Rudolf von der Kriminalpolizei gestern zur taz. Es sei aber kein direkter Firmenauftrag erteilt worden, vielmehr hätten freie und feste Mitarbeiter den Überfall „in ihrer Freizeit“ ausgeführt. Für Frank Thiel von der Justizpressestelle ist das Wachschutzunternehmen „keine ganz unbekannte Firma“. Die Kriminalpolizei hat im Zuge ihrer Ermittlungen zehn Tatbeteiligte namhaft gemacht und vernommen. Die Staatsanwaltschaft hat Hinweise darauf, daß insgesamt zwanzig Personen an dem Überfall beteiligt waren.

In das Haus in der Rigaer Straße, das seit vier Jahren besetzt ist und unlängst von Rosemann von einer Erbengemeinschaft gekauft wurde, waren am 29. Mai gegen 5.30 Uhr zwanzig mit Knüppeln, Schreckschußwaffen und Tränengas ausgerüstete vermummte Männer eingedrungen und hatten die BewohnerInnen angegriffen. Diese hatten sich heftig zur Wehr gesetzt. Nach den Auseinandersetzungen mußten ein Vermummter und ein Bewohner mit Schädelverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Rosemann, der mit den Besetzern bereits über Mietverträge verhandelte, hatte zwei Tage nach dem Überfall gegenüber der taz bestritten, der Besitzer zu sein, da er noch nicht ins Grundbuch eingetragen sei. Auch mit dem Überfall wollte weder er noch die Erbengemeinschaft etwas zu tun gehabt haben.

Wenige Tage nach dem gewaltsamen Räumungsversuch in der Rigaer Straße versuchte ein Trupp von Bauarbeitern, mit Brechstangen und Vorschlaghämmern in das ebenfalls seit vier Jahren besetzte Haus in der Palisadenstraße 49 in Friedrichshain einzudringen. Nach Angaben der BesetzerInnen sollen die Mitarbeiter einer auf dem Hinterhof gelegenen Seifenfabrik die Bauarbeiter daran gehindert haben, ein Loch in die Rückwand des Hauses zu stemmen. Daraufhin soll der private Räumungstrupp versucht haben, an anderen Stellen die Mauern einzureißen. Der Besitzer, ein Ostberliner Sanitärgroßhändler, der gegenüber der taz den Ablauf im wesentlichen bestätigt hatte, bestritt jedoch die Absicht der Räumung. Er hätte vielmehr vorgehabt, das im Erdgeschoß gelegene Ladengeschäft einer gewerblichen Nutzung zuzuführen. Barbara Bollwahn