Unterm Strich

O weites Feld der Realismusbegriffe! Am ehesten scheint's noch Realismus zu sein, wenn irgendwo was weh tut – und dann doch auch wieder nicht: Jim Sheridans „In the name of the Father“ jedenfalls soll auf Plakaten im alten Großbritannien nicht länger als „wahre Geschichte“ bezeichnet werden. Der britische Werberat befand am Mittwoch, Regisseur Jim Sheridan habe die Fakten nicht korrekt wiedergegeben. Vielmehr handle es sich bei der Verfilmung eines der größten Justizskandale der britischen Geschichte um eine „künstlerische Bearbeitung“. Bindend ist dieser Werberatsbeschluß nicht, aber der Verleih des Films, die United Pictures (UPI), erklärte sich damit einverstanden, die Plakate zu ändern. In Zukunft soll draufstehen, daß der Film „auf einer wahren Geschichte basiert“. Wir fragen: Cui bono? – Wie nüchtern, ja bis zur Absurdität interesselos dagegen der Realismus der Agenturen: „Griechischer Filmkomponist Hadjidakis erlitt Herzinfarkt“, tickert es da rüber, und gleich zwei Minuten später schon „Griechischer Filmkomponist Hadjidakis gestorben“. Manos Hadjidakis, bekannt durch die Musik zu Filmen wie „Sonntags nie“ oder „Ein Mädchen aus Piräus“, weit weniger aber als Avantgardist und Aufbauarbeiter nach der griechischen Militärdiktatur, starb im Alter von 68 Jahren. – Gar nicht gut geht es dem Erfinder des „Jumpin' Jive“, großen Träger des sogenannten Zoot Suits und Jazz-Entertainer Cab Calloway. Ihr Mann gelange „ans Ende seines Weges“, versicherten die Ärzte in ihrer hippokratischen Art der Lebensgefährtin. Calloway hatte am Sonntag im Alter von 86 Jahren während eines Baseballspiels einen schweren Schlagangfall erlitten und dämmert nun auf der Intensivstation eines New Yorker Krankenhauses.

Ernst Gombrich, nein, korrekter: Sir Ernst Gombrich, emeritierter Kunsthistoriker, der zuletzt in London lehrte (wo er seit 1936 lebte), erhält in diesem Jahr den Goethepreis der Stadt Frankfurt (50.000). Und weitere Ehrungen: Den Praemium-Imperiale- Preis (je 150.000, aber Dollar), der unter internationaler Beobachtung (unter anderen Altbundeskanzler Schmidt!) und an internationale Persönlichkeiten nach interdisziplinären Gesichtspunkten im New Yorker Museum of Modern Art verliehen wird, erhielten in diesem Jahr: der amerikanische Skulpteur Richard Serra, der britische Schauspieler Sir John Gielgud, der indische Architekt Charles Correa, der französische Komponist Henry Dutilleux und der aus China stammende und in Frankreich lebende Maler Zao Wou-Ki.

Fax von der Lufthansa, die jetzt gleichsam auf den Rave-Train aufspringt und einen Dancefloor-Hit namens „Up 'n' away“ zu lancieren versucht. Es handelt sich um einen „Rap mit eingängigem Refrain“ speziell zur Umwerbung der Jugend. Motto: „Abheben kann man in Zukunft bei Lufthansa auch musikalisch.“