Vorlauf
: Von hinten

■ "Hank Williams, Leben und Tod eines Cadillac Cowboy"

„Hank Williams, Leben und Tod eines Cadillac Cowboy“, morgen, 20.40 Uhr, arte

Faustregel: Filme über Hank Williams, den „Shakespeare der Country-Musik“, kommen nicht ohne Selbstinszenierung ihrer Autoren aus. Das gilt für die unlängst durch die Off-Kinos gegeisterte Trash-Recherche des Deutschen Wolfgang Büld ebenso wie für die spielfilmlange Williams-Dokumentation von Claude Ventura, „einem der besten Musikfachleute Frankreichs“ (arte-Promo). Immer mal wieder cruist der Autor als Spuren- und Mythensucher in einem grünen Straßenkreuzer durchs Bild oder schaut versonnen Güterzügen nach.

Ventura hat die Sache von hinten angepackt. Im Skyline Drive-In in Oak Hill/Virginia, wo für den alkoholabhängigen und depressiven Williams alles zu Ende ging, beginnt für ihn ein Trip, der ihn über Nashville und andere Stationen im Leben des Cadillac Cowboy bis hinunter an den Ursprung im Süden führt. Er trifft Mitspieler von damals, interviewt die (stark gealterte) Country-Prominenz. Und je mehr er sich Williams' Geburtsort Montgomery in Alabama nähert, desto klarer wird, warum Ventura in seinem eigenen Film mitspielen muß: Die Straßen, die er abfährt, die Leute, die er spricht, sind zugleich Stationen eines Passionswegs, der Autor nicht nur Dokumentarist, sondern auch Pilger — und ein wenig auch Hagiograph.

Das alles wäre in seiner roadmovieartigen Wimwendershaftigkeit allenfalls mittellustig, hätte Ventura nicht wirklich gründlich recherchiert. Kaum zu glauben: auf irgendeinem Schrottplatz rostet der alte Packard vor sich hin, mit dem Williams und seine „Driftin' Cowboys“ durch die Lande tingelten, und unten in Montgomery wohnt tatsächlich noch Billy Jean, Hanks letzte Liebe, die per Telefon weiterstrickt an der Story vom Landjungen, der mit dem Ruhm und den Frauen nicht zurechtkam. Auch nach 40 Jahren ist diese Legende noch nicht so weit zu Ende geschrieben, als daß sie wirklich Geschichte wäre. Und deshalb tut es dann doch ein wenig weh zu sehen, daß aus der Original 78er Schallplatte des Sterling-Labels, die Ventura behutsam aus der Hülle zieht, ein Zacken herausgebrochen ist.tg