Bundes-Berti rät: „Machen Sie Ihr Testament!“

■ Zum Start der Fußball-Weltmeisterschaft

Berlin/Washington (taz) – Jetzt geht's lo-o-s! Nicht nur die Balltreter aller Nationen haben ihr Sportpensum erhöht. Auch die taz, mit von nun an täglich zwei Seiten Sport. Und heute sogar noch mehr: Denn Europäer mögen unter Umständen mehr vom Fußball verstehen als die WM-Gastgeber. Doch begreifen sie wiederum nicht, warum in den USA der Ball, gegen den man unsinnnigerweise hierzulande mit den Füßen tritt, zum großen Unsicherheitsfaktor, den man mit Sicherheitszäunen bändigen muß, erklärt wird. Außerdem kann Deutschland, das heute um 21 Uhr gegen Bolivien die WM spielerisch eröffnen wird, gar nicht Weltmeister werden (warum, siehe Tagesthema), obwohl Berti Vogts es schon gerne werden würde. Aber der „grätschende Simpel“ (Spiegel) ahnt, daß ihm selbst ein Triumph seiner Mannschaft nichts nützt: Werden seine Kicker die Champions, ist es deren grandioser Erfolg; versagt das Team, ist er der Schuldige, ein „Vaterlandsverräter“, wie er glaubt. Doch Kanzlerspezi Vogts, der bekennt, Nationalspieler müsse man hüten wie einen Sack Flöhe, behauptet, daß er mit seinem Dilemma leben kann: „Mir geht's gut, ich habe nur Haarausfall.“

Im Interview mit der taz verblüfft der „unheimlich stolze Deutsche“, der zwar die Nationalhymne nicht mitsingt, weil „ich es einfach nicht kann“, dafür mit geschwellter Brust zur Flagge schaut, mit ungewöhnlichen Ansichten. Er will „gegen die Chemiekonzerne vorgehen“, ist für eine Große Koalition, „weil dann Gesetzesänderungen leichter durchzusetzen wären“, schätzt Joschka Fischer und Nelson Mandela und bekennt, daß seine wahren Freunde Riesenschildkröten sind. Für sie alle hält der Bundestrainer (Spitzname: „Rasenmäher“) noch einen lebenswichtigen Tip bereit: „Machen Sie Ihr Testament, nicht daß der Staat noch etwas bekommt von Ihrem Geld.“ Seiten 3, 18 und 19