■ WM-Fieber
: TV-Folklore

Ein Hauch von Italien liegt in der Luft im Eiscafe und Restaurant Palermo, Ecke Thadenstraße. Die mächtige unentwegt dampfende Espressomaschine, das einfache, nicht durch postmoderne Einrichtungsideen verschandelte Ambiente strahlen eine Authentizität aus, fast so, als würde man sich eben gerade auf Sizilien befinden. Eine Atmosphäre also, in dem der italophile Hamburger den Tifosi beim ersten WM-Auftritt ihrer Squadra Azzurra via TV beiwohnen kann. Mächtiges Gedränge vor dem Fernseher, eine kleine Gruppe Italiener hat sich unter die Deutschen gemischt – kein Platz mehr für den taz-Chronisten.

Eine Wolke von Irland liegt über dem Shamrock in der Feldstraße, einem Pub, in dem alle Auftritte der Jungs von Jack Charlton gezeigt werden sollen. Zu sehen gab es recht wenig. Im überfüllten Raum, der zuweilen so anmutet, als hätte er einmal protestantischen UDF-Terroristen als Angriffsziel gedient, drängten sich hanseatische Irland-Liebhaber vor einen Mini-Fernseher um den Inselbewohnern hooliganistisch beizustehen. Wieder keine Sicht für den Chronisten.

Vier Häuser weiter ein Fernseher, freie Plätze, zügigige Bedienung: in der Bauernstube, einer Eckkneipe, zu deren Ehrenrettung einem gerade noch einfällt, daß dort immerhin Warsteiner ausgeschenkt wird. Ein Vorzug den auch Guinness-müde Iren zu schätzen wußten, deren Durst und Interesse am Fußball größer war, als den folkloristischen Bedürfnissen der Eingeborenen zu dienen. kader