Sportlicher Ehrgeiz erwünscht?

■ FreizeitkickerIn: FC Caramba (Männer) und Kunterbunt (Frauen) siegen

„Soll es nun die Viererkette sein oder ist es doch besser, mit Libero zu spielen?“. Eine Theoriediskussion, wie sie in den letzten Tagen allenthalben zu hören war, wenn es um die geeignete Taktik für das FreizeitkickerInnen-Turnier in Eimsbüttel ging.

Welche Defensiv-Variante sich am Sonnabend auf den Sportplätzen Reinmüller, August-Bosse und Sparbier schlußendlich durchsetzte, war für den Chronisten nicht klar erkennbar. Zu sehr herrschte beim größten norddeutschen Freizeitfußballturnier taktische Anarchie vor, wie fast immer, wenn Menschen alternativer Gesinnung mit dem runden Leder kämpfen. Ein Grund war sicherlich das Wetter, – wahrhaftig nicht als sommerlich zu bezeichnen, – das von den mit roten Grandmatsch besuhlten KickerInnen gerne als Begründung angegeführt wurde, warum gerade ihre Equipe vorzeitig unter die wohltuenden Duschen geschickt worden war.

Dort entbrannte, – während bei den Männern der FC Über-Ich und Olck-City-Thursday das eine und Partizan Kir gegen Caramba Hamburg das andere Halbfinale bestritten, – ein heftiger Disput darüber, ob es denn überhaupt statthaft sei, bei solch einem Turnier, welches DFB-Ferne symbolisiere, den Gedanken des Siegens derart wichtig zu nehmen. Sicherlich schmückt der von der taz-Hamburg gestiftete August-Postler-Pokal für den Turniersieger jeden WG-Salon. Doch entspricht solch sportliches Strebertum nicht dem vorherrschenden bürgerlichen Ehrgeiz-Denken und ist deshalb in einer links-alternativen Szene, die den Profi-Losern vom FC St. Pauli quasi religiöse Huldigung zukommen läßt, eigentlich vehement zu geißeln?

Der Grüne Bundestagskandidat Ulli Cremer, Ausputzer des Abonnementsgewinners FC Über-Ich und Mitglied des Organisationskomitees, erwägt eine Beschränkung der Vereinsspieler in den Teams, nachdem die schon verdächtig gut eingespielten Über-Ichs im Finale gegen Caramba Hamburg (nach Elfmeterschießen) dieses Mal nur zweite Sieger wurden.

Eine Debatte um Modalitäten, die bei der Frauenkonkurrenz nicht geführt wurde. Souverän setzte sich im „durch Auslandsverpflichtungen von Spitzenteams“ (Turnierleiterin Renate Schumack) auf fünf Frauschaften dezimierten Feld die Lübecker Equipe Kunterbunt durch und gewann den von der taz-hamburg ausgelobten Gretel-Bergmann-Pokal.

Unterdes konnte die Mannschaft von der AG Ausgleichssport ihr Glück nicht so recht fassen: zum ersten Mal dabei, nachgerückt im allerletzten Augenblick und gleich einen Pokal. Sie gewannen die Hans-Hubert-Vogts-Trophäe (gestiftet von der PDS) für den Turnierletzten. Freudentaumelige Augenblicke, die den besonderen Charme dieses alljährlichen Wettbewerbs von Mannschaften mit liebevoll-erdachten Namen wie Kinder auf der Flucht, Inter Grabowski oder Young Boys Altona vollends unterstreichen. kader