Mord an Menschenrechtler

■ Chef der „Algerischen Liga für Menschenrechte“, Fathalla, erschossen

Berlin (taz) – Der Vorsitzende der „Algerischen Liga für Menschenrechte“ (LADH) ist tot. Mehrere bewaffnete Männr lauerten Youcef Fathalla am Samstag vor seinem Büro im Zentrum der Hauptstadt Algier auf und erschossen den 64jährigen. Die Täter entkamen unerkannt. Zu dem Mord an dem prominenten Anwalt bekannte sich niemand.

Fathalla war 1991 zum Vorsitzenden der LADH gewählt worden. Die Organisation wurde Ende 80er Jahre von der damaligen Einheitspartei FLN gegründet. Heute ist sie eine von drei algerischen Menschenrechtsorganisationen. Trotz ihrer Gründungsgeschichte entfernte sich die LADH zusehends von den Mächtigen im Land.

Fathalla gehörte einer Kommission zur Untersuchung des Mordes an dem algerischen Präsidenten Mohammed Boudiaf an. Der nach dem „kalten Putsch“ von Militärs und FLN-Kadern im Januar 1992 als Hoffnungsträger aus dem marokkanischen Exil in das Land geholte ehemalige Befreiungskämpfer wurde am 29. Juni 1992 während einer Rede in Annaba erschossen. Der Mord wurde nie aufgeklärt, es gilt jedoch als offenes Geheimnis, das Teile der alten Machthaber dahinterstecken.

Noch im Mai hatte Fathalla auf einer Veranstaltung von amnesty international in Berlin gesagt: „Es gibt in Algerien Leute, die wollen um jeden Preis an der Macht bleiben.“ Als Vorsitzender der Menschenrechtsliga kritisierte er sowohl den Terror islamistischer Untergrundgruppierungen gegen Intellektuelle, Schriftsteller und eben Menschenrechtler als auch das brutale Vorgehen der Staatsgewalt gegen Islamisten. Im In- und Ausland geißelte er die Folter von Angehörigen und Sympathisanten der „Islamischen Heilsfront“ (FIS) in algerischen Gefängnissen und die Internierung von Tausenden Islamisten in Lagern in der Wüste.

Fathalla ist der vierte Vertreter weltlich-intellektueller Kreise, der seit dem 1. Juni in Algerien ermordet wurde. Vor ihm starben der Rektor der Technischen Universität von Bab Ezzouar, Salah Djebaili, der Leiter des Datenverarbeitungszentrums des Zolls, Abdallah Moussouni, und der Journalist Ferhat Cherkit. taud