Schöner wohnen im Container

■ „Poor Houses“: Zwei Hamburger Architekturstudenten entwickelten humane Alternativen zum „Wohn-Container“

Die „städtebauliche Vision“, der zukünftige Entwurf eines städtischen Raumes der mit dem gegenwärtigen Denken auf „mittlerer Reichweite“ aufräumt - dafür haben Stadtplaner, Architekten, Designer, Politiker und zuhauf selbsternannte Experten urbanen Bauens derzeit im Hamburger Architektur Sommer ein großes Forum gefunden. Und diese Vision geistert in beinahe allen Ausstellungen und Veranstaltungen umher, hierzu gibt es unzählige Ideen von ernstzunehmenden bis egomanisch-verspielten, die von Architekten und Planern auf das waghalsige Unternehmen Zukunft projiziert werden. Nicht hehre Zukunft, sondern die ungelöste Gegenwart und die politische Dimension von Bauen und Gestalten im konkreten Kontext interessiert hingegen die Hamburger Architekturstudenten Jan Wagner und Jens Rickert.

In ihrer gemeinsamen Diplomarbeit Poor House haben sie sich intensiv mit der unsäglichen Unterbringung von Flüchtlingen, insbesondere der Jugendlichen, in den sogenannten Containerdörfern beschäftigt. Die Architekten in spe bieten zur bisherigen und nachgewiesenermaßen krankmachenden Unterbringungsform eine überzeugende bauliche Alternative, die mehr Licht, besseren Lärmschutz, mehr Wärme, bessere Be- und Entlüftung wie insgesamt ein freundlicheres Raumklima verspricht.

Darüber hinaus ist durch das patente Baukastensystem, „drei Teile = ein Haus“, welches durch eine raffinierte Nut- und Federkonstruktion gänzlich auf Schrauben und Nägel verzichtet, eine flexiblere Anpassung an die Bedürfnisse der Bewohner möglich. Die Raumproportionen sind nicht mehr, wie bisher gängige Praxis, standardisiert, sondern variierbar. So können die Wohnungen vergrößert werden, wenn sich beispielsweise Wohngemeinschaften oder größere Familien einquartieren. Außerdem ist eine zweigeschossige Bebauung möglich, sogar an ein schönes wie ebenso simples Dach haben die beiden Konstrukteure gedacht.

Ein Eckelement von Poor Houses steht in Originalmaßen seit gestern - für jedermann unübersehbar - im Rahmen der einwöchigen Jahresausstellung der Hochschule für bildende Künste (HfbK) in der Eingangshalle am Lerchenfeld. Jan Wagner betont klar die Absicht des Projektes: „Wir wollen, das es gebaut wird. Denn wir wollen damit etwas ändern“.

Die Chancen stehen gar nicht so schlecht, denn das Modell der beiden HfbK-Studenten, deren Diplomarbeit von den Professoren Moldenschardt und Rosenbusch betreut wurde, hat so überzeugt, daß die an der Herstellung des originalen Bauelementes beteiligten Firmen kurzerhand die Kosten übernahmen.

Auch in der Sozialbehörde, mit der man im ständigen Dialog stand, gab es rege Zustimmung. Was fehlt? Daß die visionär abhebenden politischen Repräsentanten der Stadt - „Hamburg, Metropole im Aufbruch...“ - wieder in der Realität landen und solche menschennahen Ideen unbürokratisch umsetzen. Dierk Jensen

Eröffnung der Jahresausstellung in der HfbK heute ab 17 Uhr, Ausstellung bis 25. Juni