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Wo blieben Weiterbildungs-Millionen?

■ Arbeitssenator Wedemeier verschenkte 1991 das „BBZ“ / Trotzdem weiter Zuschüsse

Frühjahr 1991: Die jüngsten Meinungsumfragen sagen eindeutig das Ende der absoluten SPD-Mehrheit bei den Bürgerschaftswahlen im September voraus. Das Arbeitsressort – Arbeitssenator ist seit Februar 1989 Klaus Wedemeier – stellt sich auf die Zeit danach ein.

Am 6. Mai wird der Arbeitsdeputation eine Vorlage präsentiert, die die Übergabe des städtischen Beruflichen Weiterbildungszentrums (BWZ) an das Arbeiter-Bildungs-Centrum (ABC) der Arbeiterkammer zum 1. Juni vorsieht. Darin heißt es klipp und klar: „Dem Land oder der Stadt Bremen entstehen keine Kosten.“ Doch drei Jahre später sprechen die abgerechneten Haushalte eine ganz andere Sprache. Unter „Zuschuß“ sind im entsprechenden Kapitel 3302 (BWZ) saftige Beträge zu finden: 1991: 1,82 Millionen Mark, 1992: 297.000 Mark. Ein Nachschlag von über zwei Millionen Mark für eine Einrichtung, die am 1.6.1991 an die Arbeiterkammer verschenkt worden ist.

Das BWZ war 1983 als Teil der Volkshochschule gegründet worden, um jährlich rund 500 Arbeitslosen mit Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit eine berufliche Qualifizierung zu ermöglichen. 1987 war das BWZ von der VHS direkt an das Arbeitsressort übergegangen und wurde dort als eigenes Amt geführt. Keine besonders glückliche Konstruktion, wie auch die Deputationsvorlage aus dem Mai 1991 rekapituliert: „Die institutionelle Identität eines Zuwendungsgebers (Senator für Arbeit) mit der eigenen Weiterbildungseinrichtung BWZ als Zuwendungsempfänger kann bei anderen Trägern und Institutionen Anlaß zu Irritationen oder Fehlinterpretationen (z.B. Wettbewerbsverzerrung) geben.“

Trotzdem war die Übergabe des BWZ an die Arbeiterkammer-Tochter ABC damals von der Opposition kritisiert worden. Insbesondere der FDP-Deputierte Fred Jungclaus witterte einen „Genossen-Deal“ hinter der Übergabe der Einrichtung samt des Personals: „Der Genossenfilz in der Bremer Weiterbildungslandschaft beschert dem ABC ein ausgesprochen günstiges Schnäppchen.“ Allein der Maschinenpark des BWZ sei „Millionen“ wert.

Diesem Argument hatte das Arbeitsressort damals entgegengehalten, daß das ABC das gesamte Personal des BWZ übernehmen würde und alle Ausstattungsgegenstände des BWZ in den Werkstätten auf dem ehemaligen AG-Weser-Hallen längst abgeschrieben seien: „Der buchhalterische Wert der Ausstattung beläuft sich auf Null, ein etwaiger fiktiver Wert wird vom ABC durch die Übernahme des Personals abgegolten.“ Im Gegensatz zum Arbeitsressort könne das ABC als freier Träger, der nicht an die starren Regeln des Öffentlichen Dienstes gebunden ist, aber flexibler und schneller auf neue Entwicklungen in der Arbeitsförderung reagieren.

Der Sprecher von Sabine Uhl, die im Dezember 1991 Nachfolgerin von Klaus Wedemeier als Arbeitssenatorin wurde, erklärte den in den Haushaltsabschlüssen 1991 und 1992 aufgewiesenen „Zuschuß“ im Kapitel „BWZ“ von insgesamt 2,12 Millionen Mark gestern mit „Haushaltstechnik“. Den in diesen Jahren weit höheren Ausgaben als Einnahmen hätten in den Vorjahren entsprechend höhere Einnahmen als Ausgaben gegenüberstehen müssen.

Dies bestätigt sich beim Blick in die Haushaltsabschlüsse allerdings nicht. Dort ist seit 1987, dem Jahr in dem das BWZ von der Volkshochschule direkt ins Arbeitsressort integriert wurde, insgesamt lediglich ein Überschuß von 280.000 Mark ausgewiesen. Zwar fehlt in keinem Jahr der Hinweis, daß „Ausgaben nur in Höhe der zweckgebundenen Einnahmen geleistet werden dürfen“, die Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache.

Inzwischen existiert das BWZ als eigenständige Weiterbildungseinrichtung nicht mehr. Das hauptamtliche Personal wurde allerdings vom ABC der Arbeiterkammer übernommen. Ase

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