Ein bizarrer Fall

■ Charles Manson im Interview

Hätte Charles Manson in den sechziger Jahren einen Plattenvertrag bekommen, wären viele Menschen noch am Leben. So zumindest die Spekulation des Autors Manfred Behrens, der den heute 60jährigen zum 25jährigen Haftjubiläum interviewte und porträtierte. Ganz ähnlich hätte sich demzufolge der Lauf der Dinge geändert, hätte ein gewisser österreichischer Gefreiter seinerzeit als Kunstmaler ein paar Bilder mehr verkauft. Dann wiederum hätte sich Manson wohl kein Hakenkreuz auf die Stirn tätowieren lassen, auch wenn er es ausdrücklich als indisches Symbol verstanden wissen will.

Die Faszination des Grauens hat aus Manson einen Star unter den Massenmördern gemacht. Andere hätten mehr Menschen umgebracht, sagt der Staatsanwalt, aber kein Fall sei so bizarr gewesen wie dieser. Diesem Ruf ist es wohl auch zu verdanken, daß Manson keine Chance auf Bewährung hat. Eigentlich sitzt er nur wegen „Verschwörung“ ein; als Mörder wurden vier JüngerInnen des Hippiegurus verurteilt. Manson hält sich denn auch für unschuldig. Wurde er damals, 1969, im Kampf gegen die Hippiebewegung als willkommener Sündenbock mißbraucht?

Leider beläßt es der Film hier bei Andeutungen. Anstatt Hintergründe zu erforschen, zeichnet Behrens lieber die Mordfälle detailliert nach. Besonders den an Sharon Tate und ihren Bekannten. Da kippt dann schon mal die Kamera aus Opfersicht effekthascherisch auf den Boden. Einen kalten Schauer bar jeder Inszenierung verursacht dagegen das Archivmaterial, in dem Jüngerinnen begeistert von den Morden berichten. Eine rechtfertigt die Massaker noch heute: „Wo Krieg ist, gibt es Opfer.“ Oliver Rahayel

„Manson, Menschensohn“, heute, 21.45 Uhr, West 3