Abfuhr für Nabil Shaath

■ PLOler darf nicht nach Jerusalem

Tel Aviv (taz) – Nabil Shaath, Leiter der palästinensischen Delegation bei den Verhandlungen mit Israel, mußte kurzfristig umdisponieren. Am Sonntag erfuhr das Mitglied des Exekutivrats für die palästinensischen Autonomiegebiete, sein für gestern geplanter Besuch in Ostjerusalem sei geplatzt. Der stellvertretende israelischen Stabschef und Verhandlungsführer der Israelis, General Amnon Shahak, teilte ihm mit, zwar sei er berechtigt, Jerusalem einen privaten Besuch abzustatten, dieser müsse jedoch vorher mit israelischen Behörden abgesprochen werden. Schließlich müsse die Polizei erst die nötigen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Eigentlich sollte Shaath gestern im Ostjerusalemer „Orient Haus“ empfangen werden, der inoffiziellen Vertretung der PLO. Anschließend wollte er in der Al-Aqsa-Moschee beten.

Ministerpräsident Jitzhak Rabin gab unterdessen Anweisung, seitens der Palästinenser keinerlei Abweichungen vom Kairoer Abkommen zu dulden. Dies gelte insbesondere für den Großraum Jerusalem, der als integraler Teil des Staates Israel betrachtet wird. Unter keinen Umständen dürfe er Gegenstand irgendwelcher Verhandlungen mit der PLO sein. Um das Territorium im und um den Osten Jerusalems vom Rest der besetzten Gebiete abzugrenzen, sollen dort politische Aktivitäten von Palästinensern noch stärker eingeschränkt werden als bisher. Während die israelische Regierung bereit ist, über die Zukunft der Westbank zu verhandeln, gilt der Großraum Jerusalem als unantastbar.

Das Gespräch zwischen Shahak und Shaath war das erste der beiden Verhandlungsführer seit Unterzeichnug des Kairoer Abkommens am 4. Mai. Bei dem Treffen im nördlichen Teil des Gaza-Streifens teilte Shahak seinem Gegenüber mit, daß Israel die Verfolgung von palästinensischen Kollaborateuren durch die palästinensische Polizei als Verstoß gegen das Abkommen betrachte. Die Freilassung weiterer Palästinenser aus israelischer Haft sei von der Einstellung aller Maßnahmen gegen Kollaborateure abhängig.

Shaath kündigte später in Jericho an, die Verhandlungen über eine Ausdehnung der Autonomie auf weitere Teile der Westbank würden am 27. Juni beginnen. Regierungskreise in Jerusalem bestritten den Termin jedoch. Die israelischen Behörden wollen erst einmal beobachten, wie die Selbstverwaltung im Gaza-Streifen und Jericho funktioniert. Verhandelt werden soll demnächst lediglich die zugesagte Übergabe von fünf Ressorts zur Selbstverwaltung an die PalästinenserInnen in der Westbank: Erziehung, Gesundheit, Sozialfürsorge, Tourismus und Besteuerung. Amos Wollin