Die fünf Prozent der FDP

■ Liberale, Eurowahl und Poststreik

Berlin (taz) – Die Bild-Zeitung hat mal wieder einen großen Skandal aufgedeckt! Die Europawahlen sind ungültig! Jawohl, richtig gehört, Sie müssen jetzt alle noch einmal zur Wahlurne schreiten, am besten dieses Mal höchstpersönlich. Herr Jürgen Schmieder von der FDP hat diese Geheiminformation von Bild offenbart: „Es muß ernsthaft geprüft werden, ob die Europawahl wegen des Poststreiks wiederholt werden muß. Es könnte doch sein, daß durch die Briefwähler die FDP doch noch über die 5-Prozent-Hürde gekommen wäre.“ Herr Schmieder möchte sich nicht selbst darum kümmern, wie viele Wahlunterlagen denn nun wirklich durch den Streik liegengeblieben sind. Dazu müßte er nämlich eine Wahlprüfungsbeschwerde an den Bundeswahlleiter richten, der würde das weiterleiten an den Wahlprüfungsausschuß des Bundestages und so weiter und so fort. Aber von alledem weiß Herr Schmieder nix, er hat das mit den Briefwählern „nur so, am Rande eines Gespräches gesagt“ und dachte, der Bundeswahlleiter höchstpersönlich würde sich darum kümmern, daß die verlorengegangenen Stimmen wiedergefunden werden. Der Abgeordnete hat auch „nur so gehört, daß mehrere tausend Wahlunterlagen“ nicht angekommen sind. Und es könnte ja schließlich sein, „daß da auch FDP-Wähler drunter seien“. Es erstaunt ihn dann um so mehr, als er hört, daß die FDP nur 1.443 Millionen Stimmen bekommen hat und ihr somit fast 400.000 Stimmen fehlen, um die Fünfprozenthürde zu überspringen. Das gibt ihm dann doch zu denken: „Ja, in dem Fall würde die FDP dann vielleicht doch nicht über die fünf Prozent kommen.“ Elke Eckert