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Großer Krach um die Hansawelle

■ Gesucht: ein Verantwortlicher für drastische Hörer-Verluste und außerdem noch ein neuer Hansa-Wellenchef / Kommt Christian Berg wieder?

„Wir sind die schlimmsten Verlierer in der gesamten ARD - mit Abstand“, sagt Harald-Gerd Brandt, neu gewählter Vertreter im Redakteursausschuß von Radio Bremen. Die Zahlen der neuen „MA“ (Medien-Analyse) hat unter den Hörfunk-RedakteurInnen große Unruhe und Debatten ausgelöst. Aber eine Aussprache darüber hat der Programmdirektor bisher nicht angesetzt. Als dann die für gestern angesetzte Vorstellung der KandidatInnen für die Leitung der Hansawelle abgesagt wurde - Wellenchef Kai Schlüter hatte vor einigen Wochen auf Drängen gekündigt -, dakochte die Stimmung über. Auf einer spontan einberufenen Versammlung machte sich die Empörung über die Vorgehensweise des Programmdirektos Vinke Luft. Am Donnerstag, so beschlossen die RedakteurInnen, sollen Programmchef und Intendant Klostermeier vor der Personalversammlung Rede und Antwort stehen.

Die Lage ist in der Tat ernst: Mit ca. 230.000 HörerInnen hat die Hansawelle ein Drittel ihrer Hörer verloren. Im der Region (Sendegebiet) ist sie in nur einem Jahr von 33 auf 32 Prozent abgesunken, im Kerngebiet Bremen, wo vor zwei Jahren noch jeder zweite Radiohörer die Hansawelle eingeschaltet hatte, hören nur noch 36,8 Prozent das RB-Flaggschiff. Gewonnen hat nicht nur die private Konkurrenz, sondern auch der NDR.

Zwar verweist Programmdirektor Vinke darauf, daß der Wellenchef Kai Schlüter einige Wochen vor der Veröffentlichung dieser neuen Zahlen das Handtuch geworfen hat, in internen Beratungen macht er recht deutlich Schlüter für den „empfindlichen Rückschlag“ (Vinke) verantwortlich. Einige RedaktionsmitarbeiterInnen werden, so kündigt Brandt an, ihrem Programmchef erklären, daß er „für das Desaster die volle Verantwortung zu übernehmen hat“. Brandt fordert eine gründliche Fehleranalyse - „nur so können wir unsere Leute motivieren.“ Vinke sagte nur, daß es „mit Sicherheit keinen radikalen Wechsel geben wird“.

Am Donnerstag wird Vinke auch gefragt werden, warum er bis zum 9.6. per Aushang interne Bewerbungen für die Leitung der Hansawelle („Wellenchef“) ermutigt hat und dann einen Tage vor der Vorstellung der KandidatInnen einen „Externen“ ankündigt: Christian Berg ist der neue Kandidat, der Fernseh-Redakteur (Buten&Binnen, N3), der neu ins Rennen kommt. Von sich aus? „Jemand wird ihn aufgefordert haben“, ist man bei den Hörfunk-Leuten überzeugt. Für Vinke ist Berg ein „interner Kandidat“, weil er als Freier für Radio Bremen arbeitet. Wie dem auch sei - die Hörfunk-Leute sind sauer. „Ich fühle mich schon genasführt“, sagt Rudolf Schwidder, selbst Bewerber. Theo Schlüter interpretierte gestern in einem „Offenen Brief“ das nachträgliche Auftauchen des Fernseh-Bewerbers als Zweifel der Chefetage an der Qualifikation der internen Kandidaten und also als „Beleidigung“..

Da auch Gausepohl, Schwalbe und Langlot sich beworben haben, hätte der neue Mann vom Fernsehen, bevor er „Wellenchef“ geworden ist, eine starke interne Crew gegen sich aufgebracht - schlicht wegen des Verfahrens. Die Qualifikation von Christian Berg für den Verwaltungs-Job wird unter Hörfunk-Leuten derweil sehr unterschiedlich eingeschätzt. K.W.

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