Wann ist das Maß voll?

■ Post-Warnstreiks vor dem Arbeitsgericht

Dürfen sie–s, oder dürfen sie–s nicht? Nein, sagt die Telekom zu den aktuellen Warnstreiks ihrer Angestellten. Klar, meint hingegen die Deutsche Postgewerkschaft (DPG). Und wo zwei sich streiten, da kommen meistens die Gerichte zum Zug.

Genervt zeigte sich gestern die Hamburger Arbeitsgerichts-Richterin Herms: Sie muß über einen Antrag auf einstweilige Verfügung befinden, mit dem die Hamburger Telekom-Direktion der DPG weitere Warnstreiks untersagen will. Die Gewerkschaft begleitet damit die Verhandlungen mit den Postunternehmen, bei denen es um den Erhalt von Sozialleistungen nach der angestrebten Privatisierung von Telekom, Postdienst und Postbank geht.

Rechtlich zulässig sind Warnstreiks, wenn sie den Abschluß eines Tarifvertrages zum Ziel haben. Doch das sei nicht das Ziel der Gespräche, erklärten die Telekom-Vertreterinnen vor Gericht. Die Postunternehmen könnten gar nicht über einen Tarifvertrag verhandeln, denn der müsse mit den noch nicht gegründeten Aktiengesellschaften abgeschlossen werden. Zudem überschritten die Warnstreiks das erlaubte Maß, sie müßten schon als Erzwingungsstreiks angesehen werden. Alleine in Hamburg sei vergangene Woche zwei ganze Tage die Telefonauskunft bestreikt worden, dadurch hätten 37.000 Anfragen nicht beantwortet werden können.

Die DPG sieht das natürlich anders. Sie legte die zwischen den Gespächspartnern vereinbarten Verhandlungspunkte vor, deren letzter Punkt „Sozialtarifvertrag“ lautet.

Die Richterin zeigte sich insgesamt wenig überzeugt. Warum jetzt schon Warnstreiks, wenn die Verhandlungen erst noch anstehen, wollte sie von dem Gewerkschaftsvertreter wissen. Und den Klägerinnen signalisierte sie, daß die Dringlichkeit ihres Antrags und der erlittene Schaden nicht überzeugend vorgetragen worden sei. Ihr Angebot, über einen Vergleich zu reden, wurde nicht angenommen; nun wird das Arbeitsgericht morgen entscheiden. sako