Provisorische Gedenktafel enthüllt

■ 1944 Treffen von Kommunisten und Sozialdemokraten

Auch nach 50 Jahren kämpft Ursel Hochmuth noch mit den Tränen, wenn sie an den Tod ihres Vaters Franz Jacob denkt. Der kommunistische Widerstandskämpfer wurde im Juli 1944 von der Gestapo verhaftet und zwei Monate später hingerichtet.

Zur Erinnerung an ihn und andere kommunistische und sozialdemokratische Oppositionelle wurde gestern in der Köpenicker Straße 76 (U-Bahnhof Heinrich- Heine-Platz) von Mitgliedern des Aktiven Museums eine zunächst provisorische Gedenktafel enthüllt. Sie soll an die erste und einzige Begegnung führender Sozialdemokraten und Kommunisten in der gesamten Geschichte des Widerstandskampfes erinnern. Die Sozialdemokraten Adolf Reichwein und Julius Leber repräsentierten bei der Zusammenkunft am 22.Juni 1944 den „Kreisauer Kreis“ und standen in engem Kontakt zu den Männern um Stauffenberg.

Franz Jacob und Anton Saefkow vertraten das kommunistische „Nationalkomitee Freies Deutschland“. Ziel der Begegnung war es, über Vorbehalte und Unterschiede hinweg einen gemeinsamen Weg in ein demokratisches Deutschland vorzubereiten. Aber schon vor der zweiten Begegnung schlug die Gestapo zu. Reichwein, Jacob und Saefkow wurden auf dem Weg zu ihrem Treffen verhaftet, Julius Leber dann einen Tag später.

Wer die Zusammenkunft verraten hat, ist bis heute umstritten. Über diesen Punkt kam es bei der Enthüllung der Gedenktafel fast zum Eklat, da die Tochter Adolf Reichweins schockiert war, auch den Namen Ernst Rambow auf der Tafel zu lesen. Rambow wird verdächtigt, ein Spitzel gewesen zu sein. Sabine Reichwein äußerte die Hoffnung, daß auf der endgültigen Tafel, die von der Bezirksverwaltung angebracht werden soll, dieser Name nicht mehr zu finden sein wird.

„Wir maßen uns nicht an zu entscheiden, wer der Verräter war oder ob es überhaupt einen gab“, sagte dazu Christine Fischer-Defoy, die Erste Vorsitzende des Aktiven Museums. Außerdem solle die Gedenktafel vor allem an das Treffen und nicht an die einzelnen Personen erinnern.

In seiner Rede wies Kultursenator Ulrich Roloff-Momin darauf hin, daß für ihn der Widerstand gegen den Nationalsozialismus unteilbar ist. „Für mich gehören alle Menschen dazu, die Hitler beseitigen wollten. Egal, wie ihr Lebensweg sonst ausgesehen hat“, sagte er. Christiane Badenberg