■ Aufgepaßt: Was wäscht weiß und macht keine Löcher?: Der Krieg mit dem Waschpulver
Amsterdam (taz) – Die Investition von umgerechnet 270 Millionen Mark hat der niederländisch- englische Multikonzern Unilever buchstäblich ins Pulver gesetzt, 450 Millionen Mark sollen noch folgen. Den ersten Betrag gab Unilever für die Entwicklung des angeblichen Wunderpulvers „Omo Power“ aus, die zweite Summe ist für die europaweite Markteinführung gedacht. Doch der große amerikanische Konkurrent Procter & Gamble (u.a. „Dash“ und „Ariel“) warf erfolgreich Schmutz in das Waschmaschinengetriebe. Unilever hatte Omo Power als völlig neues Waschmittel gepriesen, P & G ließ nach einem Test des Konkurrenzmittels verbreiten, neu sei Omo Power nur, weil es das erste Waschmittel sei, welches Löcher in der Wäsche hinterläßt.
Der Hintergrund: In Europa werden mit Waschmitteln insgesamt 27 Milliarden Mark umgesetzt, 20 Prozent dieses Marktes beherrscht Henkel („Weißer Riese“, „Persil“), Unilever 25 Prozent und über 30 Prozent P & G. Die drei Riesen halten unterschiedliche Marken in den europäischen Ländern, das Durcheinander ist so groß, daß Unilever bspw. in Großbritannien ein Persil vertreibt, in Deutschland aber Henkel diese Marke in die Supermärkte bringt. Nur P & G hat mit Ariel eine Marke, die europaweit vertrieben wird. Das ist billiger hinsichtlich Werbung und Produktion; so taucht dann auch schon mal im holländischen Fernsehen synchronisierte Ariel-Werbung aus Deutschland auf – die Holländer merken es nur nicht. Unilever verdiente mit seinen Produkten von Jahr zu Jahr weniger, wollte jetzt mit dem neuen Wunderstoff „Accelerator“ (auf Mangan-Basis) eine großangelegte Aufholjagd starten. Auf den verschiedenen Waschmitteln sollte der Zusatz „Power“ suggerieren, daß die Wäscher es hier mit einem besonders guten Waschmittel zu tun hätten. Accelerator bedeutet Beschleuniger. Statt wie bisher bei 60, sollte der Wunderstoff im Pulver schon bei 40 Grad die Flecken lösen. Wenn das funktonieren würde, dann käme das der Umwelt zugute: Bei gleicher Leistung könne 15 Prozent Pulver eingespart werden, schon bei der Herstellung würden 80 Prozent weniger Energie nötig sein.
Fast in jedem Land Europas wurde Omo Power auf den Markt geworfen, und Deutschland soll folgen, vielleicht aber auch nicht. Denn P & G setzte listig schwere Kritik in Umlauf: Nach einem Test blieben Löcher im Stoff zurück. Unilever reagierte verstört und wollte die Konkurrenz zunächst verklagen. Das hat man sich jedoch mittlerweile anders überlegt, angeblich weil ein Rechtsstreit der beiden großen Konzerne in der Öffentlichkeit kein gutes Bild abgeben würde.
Obendrein veränderte Unilever die Zusammensetzung von Omo Power, aber es half nichts. Der niederländische „Consumentenbond“ hatte das angebliche Wunderwaschmittel testen lassen. Schon wieder war die Rede von „abnormal geschädigten Textilien“. Die Tester des Consumentenbond hatten konkrete Zahlen: Nach 24mal waschen bei 60 Grad würde Baumwolle 20 bis 25 Prozent der Stärke verlieren, sechs von 15 Kleidungsstücken wären nach dem Test untragbar gewesen. Bei einer Temperatur von 40 Grad würde der Kleidungsstoff sechsmal so stark strapaziert wie gewöhnlich. Bei noch höheren Temperaturen kommt das Waschen mit Omo Power demnach einer Vernichtung der Stoffe gleich.
Die P&G-Leute rieben sich die Hände, bei Unilever war man verzweifelt. Es hilft nichts, Unilever ist in der Defensive, und täglich gibt es aufs neue Negativpresse für die „große Blamage“ im Waschmittelkrieg. Falk Madeja
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen