Drogenbosse als Wahlkampfhelfer?

■ Kolumbiens Präsident Ernesto Samper unter Verdacht

Bogota (AFP) – Wenige Tage nach seiner Wahl ist der neue kolumbianische Präsident Ernesto Samper in Verdacht geraten, seinen Wahlkampf mit Hilfe des Cali- Drogenkartells finanziert zu haben. Sein am Sonntag knapp unterlegener Konkurrent, der konservative Andres Pastrana, forderte den Rücktritt Sampers. Auch die USA reagierten bereits. Christine Shelley, die Sprecherin des US- Außenministeriums, nannte die Meldungen „beunruhigend“. Schwer belastet wird Samper durch die Aufzeichnungen von Telefongesprächen, die die mutmaßlichen Chefs des Cali-Kartells, die Brüder Gilberto und Miguel Rodriguez Orejuela, mit dem Journalisten Alberto Giraldo führten. Giraldo soll Presseberichten zufolge als Vermittler zwischen den Drogenbossen und Sampers Wahlkampfteam fungiert haben.

Die Tageszeitung El Tiempo veröffentlichte am Mittwoch Auszüge der Telefonate. „Die Präsidentschaft liegt in ihren Händen“, soll demnach Giraldo zu Gilberto Orejuela gesagt haben. Die Wahlkampfverantwortlichen von Samper benötigten fünf Milliarden Pesos (9,6 Millionen Mark), zwei hätten sie bereits. „Sie (die Brüder Orejuela) sollten drei Milliarden beisteuern.“ Orejuela erklärte El Tiempo zufolge, er sei einverstanden. Die kolumbianischen Behörden konnten die Authentizität des Telefonmitschnittes zunächst nicht bestätigen. In El Tiempo hieß es, der Journalist habe zugegeben, mit den Orejuelas verhandelt zu haben. Finanzhilfen will Giraldo vor den Wahlen sowohl Samper wie auch seinem Rivalen Pastrana angeboten haben. Beide hätten die Offerten zurückgewiesen.

Der 43jährige Samper, der sich für die regierende Liberale Partei um die Nachfolge von Präsident Cesar Gaviria bewarb, dementierte, seinen Wahlkampf mit Drogengeldern finanziert zu haben. Das Cali-Kartell beherrscht nach Auffassung von US-Drogenexperten 70 Prozent des Kokain-Marktes in den USA und Europa. Aus dem weltweiten Drogenhandel fließen demnach jährlich bis zu vier Milliarden US-Dollar nach Kolumbien.