Kommunikationsfehler wg. Helmsuche

■ Gänsemarkt-Randale: Widersprüchliche Aussagen vor dem Innenausschuß / Senator Hackmann bedauert und mißbilligt

Innensenator Werner Hackmann hat vor dem Innenausschuß der Bürgerschaft scharfe Kritik an dem Greiftrupp-Einsatz gegen Demonstranten während der Kundgebung des österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider am 30. Mai auf dem Gänsemarkt geübt. Hackmann: „Der Einsatz ist nicht gut gelaufen. Die Übergriffe und Mißhandlungen müssen aufgeklärt werden.“ Zivilfahnder hatten sich damals (taz berichtete mehrfach) auf Demonstranten gestürzt, sie zu Boden gerissen und traktiert, der Fernseh-Journalist Oliver Neß war schwer verletzt worden.“ Hackmann: „Ich mißbillige, daß es zur Verletzung eines Journalisten gekommen ist.“

Trotz dieser scharfen Worte verteidigte Einsatzleiter Richard Peters das Vorgehen. Durch die Zivileinheiten habe man „deeskalierend“ wirken wollen, obwohl die Demonstranten schon merken sollten, daß Polizei vor Ort sei. Wie das funktionieren sollte, da die BeamtInnen in Jeans und Skinhead-Outfit gar nicht als Staatsmacht erkennbar waren, wußte Peters auch nicht so recht: „Auf Polizeibinden hatten wir verzichtet“, gab er vor dem Ausschuß zu.

Den Überfall auf Neß versuchte Peters zu verschleiern. Neß sei in die Mangel genommen worden, weil „Rädelsführer-Eigenschaften“ angenommen wurden. Daraufhin habe ihn ein nicht genannter Gruppenführer der Bereitschaftspolizei (Bepo) zu Boden gerissen, um ihn festzunehmen, wobei ihm ein Zivilfahnder Hilfe leistete. Weil der Bepo aber seinen Helm verloren habe, hätte er die Angelegenheit nicht weiter verfolgt, sondern seine Kopfbedeckung gesucht. Aber warum wurde der vermeintliche „Rädelsführer Neß“ gar nicht festgenommen? Peters: „Es gab Kommunikationsfehler“, so daß die Bepos, die Neß erneut mißhandelten, ihn nicht festgenommen hätten. Selbst Innensenator Hackmann gestand ein: „Es ist alles ein bißchen schwer nachzuvollziehen.“

Was Peters dem Innenausschuß verschwieg: Unmittelbar vor diesem Geschehen war Neß bereits von Zivilfahndern angegriffen worden, bevor er sich wieder aufrappelte und erneut traktiert wurde. Der Einsatzleiter des „Einsatzzug Mitte“, Voß, der an der Aktion beteiligt war, bestritt im Zeugenstand, gewußt zu haben, daß es sich um den Journalisten Oliver Neß gehandelt habe, der in den vergangenen drei Jahren verschiedene polizeikritische Reportagen gedreht hatte. Oliver Neß erkannte aber gerade diesen Beamten als denjenigen wieder, der ihn unmittelbar vor dem Überfall mit den Worten angesprochen habe: „Und wir kennen uns.“ Danach sei er zu seiner Zivileinheit gegangen, wenig später ging der Rabbatz los. Oliver Neß über den Zeugen Voß: „Der lügt!“.

Eine Aufklärung der Vorfälle wird wohl erst das Strafverfahren bringen. Die betroffenen Polizisten verweigerten nämlich vor dem Innenausschuß „wegen der schwebenden Strafverfahren“ die Aussage, und der besagte Gruppenführer konnte nicht vernommen werden, weil er in Schweden Ferien macht. Schönen Urlaub. Kai von Appen