Denkende Männer

■ Morgen im Modernes: Die Hardcoreband Helmet

Anders als andere Bands, die sauertöpfisch behaupten, ihre Musik stünde für sich selbst und ließe sich nicht kategorisieren, helfen ,,Helmet“ gerne selbst mit Vergleichen und Schlagwörtern aus. Vor vier Jahren, als ihr Debüt-Album ,,Strap it on“ erschien, mußten - neben offensichtlichen Vorbildern wie Hardcore-Stiernacken Henry Rollins - unter anderen auch Miles Davis (in seiner elektrischen Phase) und John Coltrane (ohne Saxophon) als Bezugspunkte herhalten.

1993 dann wandelten ,,Helmet“ auf Crossover-Pfaden, als sie mit den Hip-Hoppern ,,House of Pain“ den öden Ballerfilm ,,Judgment Night“ zumindest musikalisch veredelten. Inzwischen hat man sich das Etikett „Thinking Man's Metal“ aufgeklebt, und so mancher Metalhead wird beim ersten Blick aufs Plattencover der neuesten LP „Betty“ wohl tatsächlich ins Grübeln kommen: Da lacht ihn ein Mädel im schönsten Sonnenschein an, Blumen pflückend noch dazu. Und er war doch die genre-üblichen schuppigen Urviecher gewohnt, die immerzu knapp beschürzte Jungfrauen fressen müssen. Die Idylle ist natürlich eine trügerische: Präzise und kraftvoll geben die New Yorker ihren Instrumenten Saures. Sie wissen genau, was sie spielen und was sie unterlassen müssen, damit die Songs ihre maximale Wirkung erreichen. Wer wie Frontmann Page Hamilton vom Jazz kommt, verzichtet selbstverständlich nicht auf Soli, aber für ,,Helmet“ sind sie ein Element, das sich den Songs unterzuordnen hat, und keine egomanische Potenzprotzerei wie bei vielen anderen Metal-Acts.

Von den Live-Qualitäten des Quartetts, das sich teilweise aus Ex-Mitgliedern der ,,Band of Susans“, ,,Poison Idea“ und den australischen ,,New Christs“ for- mierte, konnten sich die Bremerlnnen bereits auf dem letzten Überschall-Festival überzeugen. Seitdem wird ihr Name an der Weser in Ehrfurcht geraunt, und es wird wohl nicht gerade leer bleiben, wenn sie am Sonntag um 20 Uhr mit ,,Kerbdog“ und ,,Understand“ im Modernes aufspielen.

Andreas Neuenkirchen