Heckelmann ist tot, er weiß es nur nicht

■ Innenpolitischer SPD-Fraktionssprecher Lorenz zur Senatskrise

taz: Die Koalitionskrise ist vorbei. Glauben Sie wirklich, daß die SPD dabei irgendeinen Erfolg erzielt hat?

Lorenz: Ich glaube, daß die SPD als klarer Sieger daraus hervorgegangen ist. Das wird die Öffentlichkeit in drei Monaten auch sehr deutlich festgestellt haben. Davon bin ich ganz fest überzeugt.

Ist das nicht eine vage Hoffnung, zwischen den Worten des Regierenden Bürgermeisters zu lesen, daß Heckelmann dann weg sein wird?

Heckelmann ist bereits weg. Er ist ein scheintoter Senator. Ein Senator, dem man eine der wichtigsten Aufgaben aus seinem Ressort, den Verfassungsschutz, wegnimmt, weil er nicht sensibel genug mit dem Rechtsradikalismus umgeht, ist erledigt. Er ist schlichtweg tot. Der ist bloß zu faul umzufallen.

Noch scheint Heckelmann quicklebendig. Außerdem hat die Polizei 20.000 Leute und der Verfassungsschutz 300 Mitarbeiter.

Heckelmann hat noch nie begriffen, was sein Amt ausmacht, das ist ja gerade der Punkt. Jenseits des konkreten Anlasses habe ich immer gesagt, daß er ein unfähiger Senator ist. Seine Unfähigkeit merkt man eben auch daran, daß er gar nicht wahrnimmt, was ihm da passiert ist. Das ist das schlimmste, was einem Senator passieren kann. Der wird auch dann die Achtung in seiner Verwaltung verlieren. Von dem Mann nimmt kein anständiger Verwaltungsbeamter einen Brotkrumen. Der Mann ist erledigt. Die Polizei kann doch nicht jemanden ernst nehmen, dem man sein Amt demontiert. Nirgendwo in Deutschland gibt es einen Innensenator oder Minister, dem man den Verfassungsschutz weggenommen hat, weil er damit nicht umgehen kann und weil er unfähig ist. Das ist ein einmaliger Vorgang. Die Öffentlichkeit nimmt so etwas nicht so zur Kenntnis, wohl aber die Polizei und die Beamtenschaft.

Ursprünglich wollten Sie sich nicht wieder mit Heckelmann an einen Tisch setzen. Nun ist er weiterhin im Amt.

Die CDU hat mit ihrer Entscheidung zugegeben, daß Heckelmann ein Versager ist. Sie hat das zunächst einmal auf einem Gebiet zugegeben. Es wird jetzt an uns liegen, ihnen noch einmal klarzumachen, daß Herr Heckelmann mit seiner Arbeit insgesamt ein schlichtes Sicherheitsrisiko ist. Wenn das die CDU erkennt, dann wird sie sich von Heckelmann trennen, weil sie ein elementares Interesse daran haben muß, die Partei der inneren Sicherheit zu sein.

Seine Unfähigkeit hätte die CDU seit zwei Jahren erkennen können, offensichtlich will sie das aber nicht. Heckelmann bleibt Innensenator.

Wenn jemand aus dem dreißigsten Stock eines Hochhauses fällt, dann kann er natürlich, wenn er den zwanzigsten Stock passiert, sagen, bis jetzt ging alles gut.

Die SPD ist auf den Bauch gefallen und strickt sich jetzt die Legende eines Erfolges, der eine beschämende Niederlage ist.

Das halte ich wirklich für neben der Sache. Ich gebe mich, gerade bei Heckelmann, nicht mit halben Sachen zufrieden. Mir kam es darauf an, daß die Koalition, für die es aus vielerlei Gründen gegenwärtig keine Alternative gibt, auch nicht die Alternative der Neuwahlen, daß endlich auch die CDU merkt, daß es uns ernst ist mit unserer Kritik. Erstmals ist es gelungen, der CDU klarzumachen, was für einen unfähigen und schlimmen Senator sie hat.

Wenn jetzt in der SPD, auch mit Hinweis auf die Verfassungsreform und die damit verbundene Verkleinerung des Senats gesagt wird, Heckelmann ist irgendwann weg, ist das ein Lesen zwischen den Zeilen. Man könnte die Senatsverkleinerung auch jederzeit beschließen.

Ich gehöre auch nicht zu denen, die sagen, daß die ganze Sache nur dann erfolgreich war, wenn am Ende auch Heckelmann weg ist.

So hat es die SPD aber zumindest als Ziel formuliert.

Ich spreche nicht für die ganze SPD. Ich war sicherlich einer der Kritischsten innerhalb der SPD. Ich bin der Einzige gewesen, der bis zur Selbstaufgabe immer wieder darauf hingewiesen hat, daß Heckelmann ein wirkliches Sicherheitsrisiko ist und eine schlimme Sache nach der anderen fabriziert. Die CDU hat jetzt plötzlich gemerkt, daß es hier ans Eingemachte für die SPD geht. Die Koalition insgesamt hat ein anderes Bewußtsein gekriegt.

Was gibt Ihnen denn die Gewißheit, daß die CDU-Fraktion, die die ganze Zeit unnachgiebig an Heckelmann festgehalten hat, das in drei Monaten nicht mehr tun wird?

Die CDU hat sicherlich die Hoffnung, daß Heckelmann erkennt, was Sache ist und sich ändert. Dann würde die CDU an ihm festhalten. Aber ich glaube nicht, daß Heckelmann dazu in der Lage ist. Er kann von seinen geistigen und psychischen Anlagen her kein guter Innensenator sein. Das wird sich so auch erweisen, und die CDU wird dann auch mehr Bereitschaft haben, sich zu überlegen, ob sie mit diesem Mann in die nächsten Wahlen gehen möchte. Interview: Gerd Nowakowski