SPD nagt weiter an Heckelmanns Stuhl

■ Nach dem gescheiterten Mißtrauensvotum gegen den Innensenator fordert die SPD eine Verkleinerung des Senats

Kaum hat Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) am Samstag auf einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses das dritte Mißtrauensvotum in seiner Amtszeit überstanden, versuchen die Sozialdemokraten nachzubessern. In der Koalitionsrunde will die SPD diese Woche eine vorgezogene Senatsverkleinerung auf die Tagesordnung setzen. In diesem Zusammenhang soll auch über eine Ablösung des umstrittenen Innensenators im Herbst gesprochen werden.

Dabei interpretieren die Koalitionspartner einen Beschluß des Koalitionsausschusses vom vergangenen Donnerstag unterschiedlich, demzufolge einige Verfassungsänderungen schon in der laufenden Legislaturperiode verwirklicht werden sollen. Während die SPD darunter auch die Verkleinerung der Senatsressorts von fünfzehn auf zehn versteht, will die CDU davon nichts wissen.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen warnte die SPD am Wochenende davor, den Kompromiß zur Beilegung der Koalitionskrise um Heckelmann durch neue Forderungen zu gefährden. Er sei „besorgt“ über „öffentliches Draufsatteln auf eine klare Verabredung“, erklärte Diepgen in einem Tagesspiegel-Interview. Eine Senatsverkleinerung sei erst für den Beginn der nächsten Legislaturperiode vereinbart, er sehe „keine Veranlassung“ für eine frühere Regierungsumbildung.

Nichtsdestotrotz kursierte am Wochenende das Gerücht, Heckelmann solle den parteilosen Kultursenator Ulrich Roloff-Momin im Amt ablösen. Roloff-Momin kommentierte dies gestern gegenüber der taz kurz und bündig als „Quatsch“.

Ein deutliches Zeichen für die Stimmung unter den SPD-Abgeordneten war deren stürmischer Beifall für die Rede des bündnisgrünen Fraktionschefs Wolfgang Wieland vor dem Mißtrauensantrag am Samstag. Durch den Unmut aus den eigenen Reihen unter Druck geraten, schlug auch Ditmar Staffelt keine versöhnlichen Töne an, sondern bezog Stellung gegen Heckelmann.

Bei der folgenden Abstimmung über die drei Mißtrauensanträge von FDP, Bündnis 90/Grüne und PDS waren die SPD-Abgeordneten des Fraktionszwang enthoben. Für die Abwahl des Innensenators stimmten 21 SPD-Abgeordnete, 47 enthielten sich, und 2 lehnten das Mißtrauensvotum ab. Insgesamt unterstützten 67 von 214 Parlamentariern den Mißtrauensantrag, für dessen Annahme 121 Jastimmen notwendig gewesen wären. Während die Bündnisgrünen von einem „Pyrrhussieg für Heckelmann“ sprachen, verspottete die PDS die Sozialdemokraten als „Sozi-Gummibären“.

CDU-Fraktionschef Rüdiger Landowsky forderte als Konsequenz aus der Heckelmann-Affäre eine „umfassende Neustrukturierung“ des Berliner Verfassungsschutzes. „Das Amt habe in den vergangenen Jahren kein gutes Beispiel für Loyalität geliefert“, erklärte er. Denkbar seien auch personelle Konsequenzen in der Führungsspitze. Die SPD-Fraktion warnte dagegen vor einem „Rachefeldzug“ gegen die Polizei. Sogar Heckelmann habe einräumen müssen, daß die Beamten bei der Aufklärung der Bonfert-Affäre „ein hohes Maß an rechtsstaatlichem und demokratischem Verhalten“ hätten erkennen lassen. Polizei und Verfassungsschutz dürften nicht aus parteipolitischen Interessen diffamiert werden. Dorothee Winden