Märkte gegen Clinton

■ Der US-Dollar fällt immer tiefer

Washington (dpa) – Präsident Bill Clinton versteht die Welt nicht mehr. Stützungskäufe von 17 Zentralbanken im Wert drei bis fünf Milliarden Dollar hatten am Freitag den Kurs der amerikanischen Währung auf einem Jahrestief kurzfristig vor dem freien Fall bewahrt. Doch nach dem versuchten Befreiungsschlag gab der Dollar in New York wieder um 1,70 Pfennig nach. Er sank auf 1,5850 Mark. Das sei „verwirrend“, sagte Clinton gestern, „der Dollar rennt genau in die andere Richtung als die wirtschaftliche Stärke“.

Die New York Times weiß, warum: „Die Anleger mögen dem Ruf Clintons, der die eigene Volkswirtschaft nach hartnäckigem Defizitabbau und neuen Investitionen in Ausbildung, Technologien und Arbeitsplätze in Ordnung sieht, nicht folgen“, schreibt die Zeitung.

„Der Markt ist gegen Clinton“, meint auch Scott Pardee, Chef von Yamaichi International (America) Inc. Was ihn stört, ist das hohe Leistungsbilanzdefizit der importhungrigen Amerikaner, das im ersten Quartal 1994 mit 31,9 Milliarden Dollar auf den höchsten Wert seit fünf Jahren anschwoll, und die Handelsquerelen mit Japan. Andere sehen in den jüngsten Regierungsbeteuerungen, den US-Dollar nicht weiter fallen lassen zu wollen, nur Lippenbekenntnisse. „Die Märkte wittern Blut“, sagt Albert Soria von der finnischen Bank Kansallis-Osake-Pankki.

Die Außenwert-Verluste kämen „einem weltweiten Vertrauensentzug“ in die Regierung gleich, suchte der republikanische Senator Pete Domenici gleich Kapital aus dem Dollar-Debakel zu schlagen. Ein ungenannter Regierungsvertreter hielt dagegen: „Der bescheidene Fall des US-Dollar“ sei ebensowenig „eine Abstimmung über die Wirtschaftspolitik dieses Präsidenten“, wie es die mehr als zehnprozentigen Dollarkurs-Rückgänge zu Zeiten der republikanischen Regierung über George Bush gewesen seien.

Weitere Stützungskäufe versprechen angesichts der Geldblase von einer Billion Dollar, die jeden Tag bei Finanztransaktionen um den Globus rollt, nur begrenzt Wirkung. Hartnäckig halten sich deshalb Spekulationen um eine neue Anhebung der kurzfristigen Zinsen. Auch wenn die Regierung und der Chef der US-Notenbank (Fed), Alan Greenspan, um eine weitere Konjunkturabbremsung fürchten, halten viele Experten einen solchen Schritt für unumgänglich. Der US-Dollar sei so schwach, weil die Geldpolitik der Notenbank „immer noch entgegenkommend ist“, meint Ex-Fed-Gouverneur Wayne Angell.