Wieder leere Briefkästen

■ Die Postgewerkschaft rief am Sonntag erneut zu Streiks auf

Frankfurt/Köln (AP) – Wenige Stunden vor einer wahrscheinlich entscheidenden Runde bei den Posttarifverhandlungen hat gestern die Gewerkschaft zu weiteren Streiks aufgerufen. Am Samstag wurden 79 Postämter in Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bestreikt, am Sonntag folgte der Briefdienst in Frankfurt und Karlsruhe. Für kommende Woche hat die DPG weitere Aktionen angekündigt. Unterdessen bereiteten sich die Tarifparteien auf die möglicherweise letzte Verhandlungsrunde über die Mitbestimmung vor.

Aus Verhandlungskreisen hieß es, man sei „auf einem guten Weg“. Ein Abschluß könnte möglicherweise noch in der Nacht zum Montag unter Dach und Fach gebracht werden.

Mit einer Einigung über die Mitbestimmung wären drei Viertel der zwischen Arbeitgebern und Postgewerkschaft strittigen Punkte zur geplanten Postreform II geklärt. Einig sind sie sich bereits über die Behandlung der ostdeutschen Bediensteten nach einer Privatisierung von Telekom, Postdienst und Postbank und über den Rationalisierungsschutz. Einer der schwierigsten Verhandlungspunkte, ein Abkommen über den sozialen Besitzstand der derzeit Beschäftigten, ist aber noch nicht beraten worden. Darin geht es unter anderem um preisgünstige Mietwohnungen und Urlaubseinrichtungen.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Graf Lambsdorff, warf der SPD wegen ihrer Enthaltung im Postausschuß vor, sich in der Frage der Privatisierung jämmerlich zu verhalten. Bei der für Mittwoch geplanten Abstimmung im Bundestag sei eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Der Postexperte der SPD, Peter Paterna, kündigte an, daß Rudolf Scharping der SPD- Fraktion vermutlich empfehlen werde, der Privatisierung von Postbank, Postdienst und Postbank zustimmen. Allerdings werde es im Bundestag darüber kein einstimmiges Votum geben.