■ Projekt „Das ausländerfreundliche Dorf“ wird beendet
: „Man hat allerhand erreicht!“

Scheden (taz) – Der Kaffee ist schwarz und stark, der hausgemachte Butterkuchen süß. Im Dorfgemeinschaftshaus von Scheden im Landkreis Göttingen ist die Tafel für einen „Kennenlern- Nachmittag“ zwischen den im Ort lebenden Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien und ihren deutschen Nachbarn gedeckt. Der Bürgermeister Heinz Flöter setzt zu seiner Begrüßungsrede an.

Scheden, ein eher verschlafenes Nest mit rund 1.500 Einwohnern, ist eine von insgesamt drei Gemeinden, die von der Göttinger Agrarsozialen Gesellschaft (ASG) für ihr Projekt „Das ausländerfreundliche Dorf“ ausgewählt worden sind. Gerade auf dem Land, so der Ansatz für das bundesweit bislang einmalige Forschungsvorhaben, gebe es massive gegenseitige Vorurteile zwischen der einheimischen Bevölkerung und den zugewiesenen Flüchtlingen. Die Ausländer hätten auch „oft keine Ahnung“ über den Lebensalltag und das „Dorfdenken“ in deutschen Landen, meint Projekt- Koordinator Dwajad Baradarán, ein aus dem Iran stammender Agraringenieur.

Eineinhalb Jahre lang hat die ASG versucht, in den Projekt-Orten Möglichkeiten für ein besseres Miteinander auszuloten. Am 30. Juni läuft das zu großen Teilen von der hannoverschen Landeskirche gesponsorte Projekt aus.

„Wir sind hier auf Grenzen gestoßen“, räumen Flöter und Baradarán ein. Grenzen, die allerdings von außen gezogen wurden. So hat die Verschärfung des Asylrechts dazu geführt, daß „im letzten Herbst plötzlich gar keine Flüchtlinge mehr da waren, die wir integrieren konnten“. Erst Anfang des Jahres habe die Bezirksregierung in Braunschweig Scheden wieder drei Familien vom Balkan zugewiesen.

Als weiteres Problem nennt Djawad Baradarán „das Thema Arbeit“. Weil viele Dörfer glaubten, Asylbewerber seien arbeitsscheu und bekämen zuviel Unterstützung, hätte er den Flüchtlingen gerne Jobs vermittelt. Doch feste Stellen sind auf den Dörfern nicht zu vergeben, und selbst für vorübergehende Beschäftigungsverhältnisse, etwa beim Erdbeerenpflücken, seien erst gewaltige bürokratische Spießrutenläufe zu absolvieren. Die vom Schedener Sozialamt in Aussicht gestellte Perspektive, die Flüchtlinge für zwei Mark pro Stunde zu gemeinnützigen Arbeiten heranzuziehen, hält der ASG-Koordinator „nicht für sehr glücklich“. Dennoch habe man in Scheden allerhand erreicht, bilanziert Bürgermeister Flöter und zählt einen Haufen von Aktivitäten auf, die „unseren Gästen“ die Integration erleichtert hätten: Runde Tische und Workshops, „um überhaupt erst mal eine Bestandsaufnahme zu machen“. Praktische Hilfen bei der Einschulung und Vermittlung von Kindergartenplätzen. Begleitung der Flüchtlinge bei Behördengängen. Die örtliche Kirchengemeinde, ergänzt Pastor Horst Metje, habe einen Deutsch-Grundkurs angeleiert, um die sprachlichen Barrieren, „ein ganz großes Problem“, niederzureißen. Der Schedener Fußballverein machte den Männern aus Bosnien und dem Kosovo das Angebot, beim wöchentlichen Training mitzukicken.

„Enorm“ findet der Bürgermeister, daß die Flüchtlinge das ihnen als Wohnheim dienende Anwesen „inzwischen gut in Ordnung halten“. Dies heiße doch, „sie respektieren die anderen Lebensgewohnheiten, die andere Lebensmentalität“. Unterm Strich ziehen Gemeinde-Offizielle und ASG eine positive Projekt-Bilanz. Daß „die Dinge hier wieder umschlagen“, wenn die Supervision der Göttinger Forscher ab Juli nicht mehr ist, können sie sich nicht vorstellen. Reimar Paul