Schlafstörung am Wasserturm

■ Prenzelberger Biergärten-Streit: Beim Treffen von Kneipiers und Betroffenen am Wasserturm gab es keine geglätteten Wogen, sondern weiter zunehmenden Unmut

Es war einmal ein kleiner, lauschiger Stadtbezirk im Ostteil Berlins. Es war einmal. Denn inzwischen ist der Prenzlauer Berg vom Insidertip zum Publikumsmagnet mutiert. Hauptanziehungspunkt ist dabei der Wasserturm an der Knaackstraße mit seinen vielen Kneipen. Was die Herzen der Betreiber höher schlagen läßt, bereitet den Anwohnern schlaflose Nächte. Unerträglicher Lärm bis zum frühen Morgen, Müllberge und Hausflure, die von Bierseligen als Toilette benutzt werden. Über zehn Anzeigen sind in diesem Jahr schon bei der Polizei eingegangen, wegen „unerträglicher Belästigung“. Um ein wenig die Wogen der Empörung zu glätten, hatten die Wirte zu einer Anwohnerversammlung geladen. Doch das Ziel wurde glatt verfehlt.

Die Liste der Beschwerden, die von den 25 Anwohnern vorgetragen wurde, ist lang. Klaus B. aus der Knaackstraße 26 empörte sich: „Ich leide unter permanenten Schlafstörungen. Vor allem die Musik der Straßenmusikanten ist unerträglich.“ Eigentlich sind die Kneipen an die gegenwärtige Lärmschutzordnung gebunden und müssen ihre Biergärten gegen 22 Uhr räumen. Heiner L. weiß jedoch: „Der Gaststättenbetrieb geht schon seit langem bis elf oder zwölf in der Nacht. Und gestern morgen gegen vier ließ es sich so ein Trottel nicht nehmen, fünf Minuten lang sein Motorrad aufbrüllen zu lassen.“ Heftiger Protest der Kneipiers. Schließlich sei man nicht für seine Kundschaft verantwortlich, und sie würden sich doch unermüdlich bemühen, gegen zehn die Stühle und Tische in den Biergärten hochzuklappen. Heiner L. aber hat sich den Spaß gemacht, die Leute nachts um halb eins vor seiner Haustür zu zählen. Über 150 waren es allein, die den Gehweg vor der „Kommandantur“ belagerten und sich ihr Bierglas aus der Kneipe holten.

Die Kneipiers hatten dem geballten Volkszorn wenig entgegenzusetzen. Zwar bestände Konsens, künftig Straßenmusik zu unterbinden und auf die 22-Uhr-Regelung mehr zu achten. Zum Ende des Abends setzten sie dann jedoch noch eins drauf: Sie wollen den Antrag stellen, in den Biergärten wochentags bis elf und am Wochenende gar bis zwölf ihre bierseligen Kunden an der Luft bedienen zu dürfen. Frank Müller vom Umweltamt Prenzlauer Berg hielt allerdings dagegen: „Wir werden bei einer Genehmigung berücksichtigen, ob dies zur Belastung der Anwohner führt.“ Das sei nach diesem Abend aber eindeutig der Fall. Noch beim Herausgehen erklärte der Bezirksverordnete Nielsen Kirchner (Bündnis 90): „Die Kneipenwirte sind aber auch zu blöd. Anstatt die mal hier ein Kiezfest organisieren, um mit den Leuten mal zwanglos ins Gespräch zu kommen, wird nur auf Konfrontation gesetzt. Die kommen hierher, saugen was von der gewinnträchtigen Prenzelberger Atmosphäre auf und verdienen sich dumm und dämlich. Den Einwohnern geben sie dafür nichts.“ Anja Nitzsche