: „Zeichen gegen Antisemitismus“
■ Christlich-jüdische Initiative sammelt für die Wiederherstellung zerstörter jüdischerFriedhöfe ein
„Sich an den Toten zu vergehen, das ist Ruchlosigkeit schlechthin und kein Dummer-Jungen-Streich“, erklärte gestern Karl Doll, Geschichtsprofessor an der Bremer Universität. Er sieht in der Schändung eines jüdischen Friedhofes den Vorläufer eines neuen Progroms. Nachdem in letzter Zeit viele jüdische Friedhöfe von Rechtsradikalen verwüstet wurden, wollte er nicht länger zuschauen, sondern ein Zeichen setzen.
Deswegen hat er als Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen gemeinsam mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und den Bremer Freunden Israels einen Spendenaufruf gestartet. Die Gesellschaften wollen so einen Fond schaffen, aus dem bei Bedarf ganz unbürokratisch Mittel für die Wiederherstellung der Friedhöfe bereitgestellt werden kann. „Wir müssen unseren jüdischen MitbürgerInnen zeigen, daß die Rechten mit ihren Aktionen nicht durchkommen“, sagt Doll. „Außerdem weisen mich jüdische Freunde immer wieder darauf hin, daß der Antisemitismus nicht ihr Problem ist, sondern unseres.“
Die Bremer haben sich schon früher schwer getan mit den „Andersgläubigen“, so konnten Juden und Katholiken überhaupt erst nach 1848 das Stadtrecht erwerben, bis dahin mußten sie vor den Toren der Stadt leben. Und auch danach konnte es sich nicht jeder leisten, denn das Stadtrecht mußte teuer bezahlt werden. Der jüdische Friedhof in Bremen stammt noch aus der Prä-Stadtrecht Zeit und liegt deshalb außerhalb der alten Wallanlagen in Hastedt. Mittlerweile allerdings umzingelt von Wohnanlagen.
„Wir haben festgestellt, daß es heute ein großes Bedürfnis gibt, etwas über die jüdische Kultur und den Glauben zu erfahren“, erzählt Wilhelm Tacke, Geschäftsführer der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Bremen. „Veranstaltungen, die wir zusammen mit dem Landesrabbiner Benyamin Barslai machen, sind immer sehr gut besucht.“ Tacke vermutet, daß viele Menschen eine Scheu haben, einfach in eine Synagoge zu gehen, aus Angst sich falsch zu verhalten. Deswegen bieten die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit dort Führungen an, bei denen der Rabbi etwas über den jüdischen Glauben und den Ablauf eines Gottesdienste erzählt. kaz
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