„Roter Bulle“ aus dem Ring geflogen

■ Starke Werbung, schwache Wirkung: Verkaufsverbot für Lebensmittelüberwachung verbietet „Red Bull“ in Hameln / Hersteller: Jetzt steigt die Nachfrage

Hannover/Hameln Der „Energy-Drink“ ist in aller Munde: Disco-Kids wollen bis zum Morgen durchhalten und auch in der Bankenmetropole Frankfurt greifen Herren im eleganten Einreiher in der Mittagspause zu „Red Bull“. Schließlich verspricht die Werbung auf dem Etikett des Getränkes rasche Erholung und erhöhte Leistungsfähigkeit. Daran stößt sich die Stadt Hameln. Mit dem Hinweis auf notwendigen VerbraucherInnenschutz verbot die niedersächsische Stadt jetzt den Handel mit dem Getränk.

Die Behörde stützt sich bei ihrem Verbot auf eine Untersuchung aus Schleswig-Holstein. Im Mittelpunkt des Streits steht vor allem das Etikett des Modetrinks. Die Kennzeichnung suggeriere Wirkungen, die die Inhaltsstoffe – wissenschaftlich analysiert – letztendlich nicht hergeben, sagt Hermann Gallach vom zuständigen Umweltministerium in Kiel. Im Unterschied zu isotonischen Getränken enthalte der Energietrunk einen höheren Koffeingehalt und die synthetisch hergestellte Aminosäure Taurin, die früher aus gekochter Ochsengalle gewonnen wurde. Diese Aminosäure gibt nach Erkenntnissen des Bundesgesundheitsamtes in Berlin jedoch weder Kraft, noch belebt sie. Toter Ochse hin oder her.

Eine Tasse Kaffee oder eine Dose „Red Bull“ – der Koffeingehalt soll der gleiche sein. WissenschaftlerInnen bewerten den angeblichen Aufputscher jedoch als problematisch. Die jugendlichen Hauptkosumenten seien nicht an Kaffeegenuß gewöhnt, argumentieren sie. Und doch trinken gerade die mehrere Dosen – wegen der Wirkung. In der Szene werde der Drink außerdem mit Alkohol vermischt.

„Unverständliche und unverhältnismäßige Reaktion“, kommentierte unterdessen Max-Dieter Forstmann, der deutsche Rechtsbeistand der Firma Red Bull Co. Ltd., das Vorgehen der knapp 59.000 Seelen-Stadt. Drei Gutachten belegen nach seiner Ansicht, daß die Zusatzstoffe für die Wirkungen verantwortlich sind. Trotz gleicher Formulierungen hätten Behörden in Österreich und England, wo der Aufputscher seit Jahren auf dem Markt ist, keine Beanstandungen gehabt.

Bereits drei Monate nach seiner Markteinführung in Deutschland erzielte das Getränk annähernd Österreichs Jahresumsatz von umgerechnet rund 55 Millionen Mark. Experten schätzen den Wert der Inhaltsstoffe auf einige Pfennige. Verkauft werden die 250 Milliliterdosen zu 2,50 Mark. Empört reagieren deshalb Hamelner Händler: „Von Flensburg bis Berchtesgaden wird 'Red Bull' verkauft, nur wir dürfen es nicht vertreiben.“ Forstmann rechnet in Hameln mit Umsatzausfällen von etwa 5.000 Mark am Tag. Entsprechend hoch falle eine Schadenersatzklage aus, kündigte er an.

In Schleswig-Holstein wird „Red Bull“ weiter verkauft, die übrigen Landesbehörden wurden aber von der Untersuchung informiert. Bayern reagierte prompt und analysiert bereits erste Proben. „Wir werden im Ergebnis wohl eng an der Beurteilung von Schleswig-Holstein liegen“, glaubt Wolfgang Wigand vom Gesundheitsministerium in München. In Bayern hat auch der Generalimporteur für Deutschland seinen Sitz. Rechtsanwalt Forstmann indessen freut sich: „Das Verbot macht das Produkt erst interessant.“

Petra Häussermann