Noch ein Treuhanddirektor geht

■ Privatisierungsskandal: Erpressung oder Bestechung?

Berlin (taz) – Früher als geplant trat gestern Treuhand-Direktor Hermann Wagner von seinem Amt zurück. Wagner, seit 1990 zuständig für Personalfragen, wolle mit diesem Schritt die Treuhand vor einer weiteren „Beschädigung des Ansehens“ bewahren, ließ gestern Pressesprecher Schöde verbreiten.

Auch er hatte es diesmal ungewöhnlich eilig: Die Vorwürfe gegen Wagner waren bisher noch gar nicht in die Öffentlichkeit gedrungen. Diversen Medien seien in den letzten Tagen jedoch „Rudimente einer eidesstattlichen Versicherung“ zugespielt worden, sagt Schöde. Der Inhalt dürfte tatsächlich von gewisser Brisanz sein. Eher unklar ist allerdings, für wen. Es scheint sich um einen mißlungenen Erpressungsversuch wegen unterlassener Bestechung zu handeln. Anfang 1993 verhandelte ein Konsortium mit der Treuhandanstalt um die Privatisierung der Magdeburger Hochbau-Gesellschaft. Ohne Erfolg, das Bauunternehmen ging schließlich an einen Berliner Investor.

Doch dem Verfasser der eidesstattlichen Erklärung kam dieser Zuschlag etwas seltsam vor. Soweit bekannt, enthält sein anonym verbreitetes Dokument Hinweise darauf, daß Direktor Wagner im Dezember 1992 um Unterstützung in einer finanziellen Zwangslage gebeten habe. Sie wurde ihm nicht gewährt.

Derselbe Rechtsanwalt habe danach über ein Jahr lang versucht, diese Information als Druckmittel bei Privatisierungsverhandlungen um die Magdeburger Firma einzusetzen, schreibt die Treuhand- Pressestelle. Die Berliner Behörde möchte den Fall wohl aber doch lieber ohne ihren Personaldirektor aufklären. Wagners Ausscheiden leiste einen Beitrag dazu, „die jetzt anstehenden Auseinandersetzungen“ führen zu können. Hermann Wagner hatte ohnehin vor, zum 30. September aus der Treuhandanstalt auszuscheiden. nh