Terrorismus F

■ Fanny Müller: Die 12. Geschichte von Frau K.

rau K. benutzt das Wort Terrorist ziemlich oft. Erst in zweiter Linie meint sie damit Politiker. Meistens fällt dieser Begriff im Zusammenhang mit ihrer Dackelin Trixi: „Der hat wieder auffen Sofakissen geschlafen, der Terrorist.“ Sie kann sich nach den vielen Rüden, die sie vor Trixi hatte, immer noch nicht daran gewöhnen, daß diese weiblichen Geschlechts ist. Meinem ehemaligen Schwager geht es übrigens genau umgekehrt. Nach drei Töchtern in erster Ehe zeugte er in zweiter Ehe noch zwei Söhne und sein stereotypes „Mach was, die Kleine schreit“, bringt seine neue Gattin furchtbar auf.

Nach den wirklichen Terroristen befragt, muß Frau K. erst mal mit dem Kartoffelschälen aufhören und überlegen. „Gott“, sagt sie zögernd, „wenn man den, Sie wissen schon, den mitten Schnurrbart, mitgemacht hat... wo man denn hinterher den ganzen Schutt aufräumen mußte... denn denkt man da anners über.“ Wie denn anders? „Na ja“, Frau K. hat die Worte nicht so parat, „die sehen irnkwie nich schlecht aus, nich? Ich mein, wenn einer über dreißig is, denn kann er was für sein Gesicht.“ Nun ja, ein eher marginaler Gesichtspunkt, oder? Aber was meint sie zu den Opfern – es sind ja Unbeteiligte bei den Aktionen der RAF umgekommen. „Schön is das nich“, sagt Frau K., „aber inn Krieg hat da auch keiner was nach gefragt, wie wir inn Bunker gesessen sind und die Bomben sind runtergekomm und Napalm, das hieß da bloß anners.“ Wir haben aber doch jetzt keinen Krieg? Frau K. legt das Messer beiseite: „Was? Wir ham kein Krieg? Nu wern Sie ma nich komisch. Sie gehn doch auch jeden Tag übere Stresemannstraße. Da kann ich froh sein, wenn ich bei einmal Ampel ganz rüberkomm und nich übergenagelt werd. Und wenn ich den fauln Terroristn da mithab (Trixi wälzt sich auf die Seite und tut, als wäre nichts), denn muß ich inner Mitte stehenbleim. In den ganzen Ozon. – Na!“ Sie greift nach der nächsten Kartoffel und legt jetzt richtig los.

Wenn man nur mal an das Sozialamt denkt! Mit der zuständigen Tante steht Frau K. auch auf Kriegsfuß. Die meint nämlich, daß Frau K. keine neue Waschmaschine braucht: „Wo ich jedesmal drei Feudel unterlegen muß und der Fußboden is schon ganz rott!“ Und Häuser werden angezündet! Und wenn man erst mal an die Mieten denkt. Und die Rente! Statt Querrippe kauft sie jetzt schon Schwarten für die Gemüsesuppe. Schmeckt ja auch, aber das Wahre ist das nicht. „Wenn ich jünger wär...“ Frau K. greift wieder zum Messer. – Ja? Was wäre dann? Dazu will Frau K. nichts sagen. „Nachher schreim Sie das alles wieder auf und denn komm die womöglich und holn mich ab. Neeneenee.“ „Is ja auch alles verwanzt“, setzt sie dunkel hinzu. „Ich bleib zu Haus mit Trixi, was, Trixi? Ich bin'n treuen Staatsbürger und mach alle vier Jahre'n Kreuz, aber di-ah-go-nahl, wenn Sie wissen was ich mein. Das könn Sie ruhig aufschreim, aber das annere, das denken Sie sich ma selber aus. Wofür sind Sie denn'n Dichter.“