Mit Armen und Alten ein ganz leichtes Spiel

■ Umwandlungs-Spekulanten drängen jetzt auch in die Hamburger Arbeiterviertel

Badstraße statt Schloßallee. Die Umwandlungswelle schwappt immer mehr in klassische Arbeiterviertel über. Auch heruntergekommene Häuser in nicht gerade bester Lage geraten nach Einschätzung des „Mieterverein zu Hamburg“ zunehmend ins Visier der Spekulanten. Und Immobilien-Firmen im Dunstkreis der Scientology-Sekte mischen beim Millionen-Monopoly kräftig dabei. Mieterverein-Mitarbeiter Willi Lehmpfuhl: „Mit Ausländern und alten Menschen erwarten die sich offenbar ein leichtes Spiel“.

Beispiel Ernst-August-Deich 7-31 in Hamburg-Wilhelmsburg. 105 Wohnungen wechseln hier Anfang des Jahres den Besitzer. Die Kommanditgesellschaft „Frigge und Lahmann“, die sich inzwischen in die Firma „System Beteiligungs GmbH“ umgegründet hat, erwirbt die kleinen Einfach-Wohnungen und verscheuert sie umgehend weiter. Beide Firmennamen sind Lehmpfuhl wohlbekannt: Er führt sie auf seiner Liste der Immobilien-Unternehmen, die entweder von Scientologen geleitet werden oder mit solchen Firmen eng zusammenarbeiten.

Auf dieser Giftliste findet sich auch die „Full Haus Immobilien GmbH“. Sie bot den Bewohnern der Siedlung bereits seit Ende 1993 wie Sauerbier eine „Mieterberatung“ an. Der Inhalt der sogenannten Beratungsgespräche ist immer wieder derselbe: Die MieterInnen werden gedrängt, ihre Wohnung zu kaufen oder gegen eine Abfindung von rund 5.000 Mark auszuziehen.

Denn trotz ihres schlechten Zustands lassen sich die Wohnungen offenbar gut verhökern. Sechzig von ihnen sind nach Informationen von Lehmpfuhl bereits veräußert worden. Zumeist von KäuferInnen, die dort nicht selbst leben wollen, sondern nur die Steuervorteile eines Wohnungserwerbs nutzen. So wechselten viele Wohnungen ohne vorherige Besichtigung den Besitzer.

Um die MieterInnen zum Auszug zu motivieren, nahmen die neuen Besitzer den MieterInnen ohne Kündigung ihre Dachböden weg. Die dort deponierten Sachen landeten nach Auskunft von Lehmpfuhl mitunter gleich im Müllcontainer. Der Mieterverein-Anwalt rät den betroffenen HausbewohnerInnen deshalb, Anzeige zu erstatten. Auch wenn der Tatbestand nicht schwer genug sei, um den scientologischen Monopoly-Spekulanten die Ereigniskarte zuzuspielen: Gehe direkt ins Gefängnis - ziehe nicht 4.000 Mark ein. epd/tko