Große Koalition in Bremerhaven – FDP und Grüne gehen vor Gericht

■ Streit um Stadthallen-Aufsichtsräte / SPD-Fraktion zerbrochen

Zum ersten Mal hat sich in Bremerhaven in einer wichtigen politischen Frage die Große Koalition aus Teilen der SPD und der CDU zusammengetan. In der Nacht zum Freitag stimmte die Mehrheit der SPD-Fraktion zusammen mit der CDU für die Entlassung der Stadthallen-Aufsichtsräte Model (FDP) und Kehl (Grüne). Zuvor hatte die Große Koalition bereits einen Antrag beschlossen, der den Magistrat auffordert, eine Privatisierung der bisher zu 100 Prozent kommunalen Stadthalle zu prüfen. Unter Protest verließen daraufhin gegen 1.30 Uhr in der Nacht die Stadtverordneten von Grünen, FDP und fünf Mitglieder der 20köpfigen SPD-Fraktion die Sitzung.

Als „Putschismus“ und „Politik der verbrannten Erde“ bezeichnete der grüne Fraktionsvorsitzende Peter Pletz gestern das Vorgehen der SPD. Gegen die Prüfung der Vorteile einer Stadthallen-Privatisierung hätten auch die Grünen nichts einzuwenden, die Abwahl der beiden Aufsichtsräte sei allerdings „illegal“.

Zu diesem Ergebnis war auch ein Rechtsgutachten gekommen, das der Magistrat in Auftrag gegeben hatte. Die Stadtverordnetenversammlung hatte jedoch – initiiert von der Mehrheit der SPD-Fraktion – für 45.000 Mark ein Gegengutachten bestellt. Das lag am Donnerstag abend plötzlich auf dem Tisch und erklärte, daß es zwar „ständige Rechtsprechung“ sei, eine Abwahl von Aufsichtsratsmitgliedern für unzulässig zu erklären, juristisch sei dies jedoch strittig. Nach dem Auszug von Grünen, FDP und den fünf abtrünnigen SPD-Stadtverordneten wählten CDU und SPD am frühen Morgen schließlich noch zwei neue Aufsichtsräte ihres Vertrauens.

Die Mehrheit der SPD-Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Richard Skribelka versucht mit diesem Wechsel im Aufsichtsrat, doch noch eine Vertragsverlängerung für den bisherigen Stadthallen-Chef Krams über den 31.12.94 hinaus zu erzwingen. Dies hatte der Aufsichtsrat im Dezember mit der Stimme des Bremerhavener SPD-Vorsitzenden und Skribelka-Feindes Siegfried Breuer knapp abgelehnt.

Ein Untersuchungsausschuß der Bürgerschaft geht zur Zeit der Frage nach, ob Breuer sich mit seiner Nein-Stimme im Aufsichtsrat an Stadthallen-Chef Krams dafür gerächt hat, daß der ihm keinen lukrativen Posten in der Stadthalle verschaffen wollte. Diese Version wird von Kramer, Skribelka und dem noch immer einflußreichen Wirtschaftsdezernenten Werner Lenz (alle SPD) vertreten, während Breuer und Oberbürgermeister Willms (ebenfalls SPD) einen Zusammenhang leugnen.

Willms prüft jetzt, ob er die Ab- und Neuwahl der Stadthallen-Aufsichtsräte durch die Stadtverordnetenversammlung akzeptiert oder als rechtswidrig zurückweist. Die betroffenen beiden Aufsichtsräte von FDP und Grünen wollen zudem gegen ihre Abwahl klagen.

In Bremerhaven wird seit dem Auseinanderfallen der rot-grünen Koalition mit wechselnden Mehrheiten regiert. Im nächsten Jahr stehen mit der Neuwahl des Kämmerers und des Oberbürgermeisters zwei wichtige Personalentscheidungen an. Der Grüne Pletz: „Das erklärt, warum die CDU jetzt in die Große Koalition geht. Ase