■ Das Portrait
: WestBam

Den Namen hat Maximilian Lenz von einem großen Bruder aus der Bronx: WestBam, ursprünglich DJ aus Westfalen, nannte sich Anfang der achtziger Jahre nach seinem Vorbild Afrika Bambaataa. Musikalisch an Electro-Boogie, Rap und Breakdance orientiert, brachte der 20jährige Junge mit Tulpenstengel-Frisur, der im reiferen Alter lieber Kurzgeschorenes unter der Baseballkappe trägt, seltsame Elemente in den Wildstyle der Tanzmusik: Auf seiner ersten Single mischte er in den Grundbeat einer Disco-Nr. 1 Sprachschnipsel über Boris Beckers sensationellem Wimbledon-Erfolg. Damit emanzipierte sich der DJ, und das Bumbum wurde zum Markenzeichen. Mehr aus Jux entstand für WestBams Stil, schwarze Funk- Tracks marschgerecht mit schwerem elektronischem Maschinentuckern aufzupeppen, der Begriff teutonic beats, und die verlorene Neue Deutsche Welle schwappte auf den Dancefloor über. Gute Arbeit am Plattenteller allein macht jedoch aus Saturday Night Fever noch keine trainingshosenfirme DJ-Kultur, die sich heute mit der Love Parade zum sechsten Mal in Berlin als Trend der Zukunft präsentiert.

Teutonischer Beatboy Foto: Petra Gall

Seine Karriere entwickelte sich zunächst recht kleinteilig entlang der Kreuzberger Clubs, wurde dann von Stadtzeitung zu Stadtzeitung getragen und führte ihn zuletzt auf den heißen Stuhl in Ulrich Meyers Kesselhaus auf Sat.1: Da hatte man WestBam als Fürsprecher der ravenden Gesellschaft (siehe taz von gestern) auserwählt, der sich wie sonst nur Bundes-Berti gegen Drogen und für mehr Spaß einsetzt: „Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem wir uns fragen müsssen: Haben wir das gewollt? Die Antwort lautet: Ja.“ Der solchermaßen gründelnde Underground-Vater der dritten Techno-Generation verkauft Platten zwar immer noch nicht so 500.000fach wie seine quietschende Entdeckung Marusha. Aber ihr Erfolg auf seinem Label gibt dem Motto recht, das er 1990 in House- Party-Gazetten verkünden durfte: „Die DJs sind die Musiker der neunziger Jahre.“ Daß er nun zum Turntable- Nietzsche der ravenden Massen geworden ist, mag aber auch an der Unternehmensstruktur des kleinen Dancefloor-Labels „Low Spirit“ liegen, das WestBam mit seinem Produzentenkollegen Klaus Jankuhn seit 1985 betreibt. Je nach Image werden dort Platten entweder gemeinsam mit der Industrie veröffentlicht – oder als Underground im Independent-Rahmen. Harald Fricke