■ Mit der Regionalbahn auf du und du
: Provinz im Takt

Hofheim a. Ts./Frankfurt (taz) – Die Bahnreform trägt erste Früchte. In Dillenburg, Fukda, Rüdesheim oder Michelstadt muß auf den Bahnhöfen bald nicht mehr auf die Anschlußzüge gewartet werden. Gestern wurde in der Rhein- Main-Region ein neuer Verkehrsverbund gegründet.

Die Rede ist noch von einem „Softstart“ des Projekts. Denn die Fahrgäste werden die Veränderungen erst zum Sommerfahrplan 1995 spüren. Schritt für Schritt führt der Rhein-Main- Verkehrsverbund (RMV) in einen integralen Taktfahrplan ein. An 24 Sternbahnhöfen der Region treffen sich Züge und Busse aus unterschiedlichen Richtungen zu immer gleichen Zeiten. Die S-Bahnen bilden das Rückgrat des verknüpften Verkehrs. Ihr Takt wird auf 15 oder 30 Minuten verdichtet.

Getragen wird der Verbund nicht von Verkehrs-Unternehmen. Seine Gesellschafter sind 15 Landkreise, elf größere Städte und das Land Hessen. Gemeinsam wollen sie den gesamten Verkehr neu gestalten. Der öffentliche Verkehr soll den Vorrang haben. Deswegen haben sie sich in einem Vertrag dazu verpflichtet, auch ihre Raumplanungen darauf auszurichten.

Für diese Kehrtwende führen sowohl der Landrat des CDU- regierten Main-Taunus-Kreises als auch der Wirtschaftsminister der rot-grünen Landesregierung, Lothar Klemm (SPD), denselben Grund an. Der tägliche Stau gefährdet die Wirtschaftskraft des Standorts Rhein-Main. Von Anfang an haben sich die Planungen auch an der Bahnreform orientiert: Ein Modellfall der Regionalisierung für Bund, Länder und die Bahn AG. Als Machbarkeitsversuch soll er zeigen, wie die Länder und die Gebietskörperschaften den Personennahverkehr auf Schienen finanzieren und selbst organisieren können.

Bisher hat der Bund die Bahn direkt unterstützt. Jetzt zahlt er 470 Millionen Mark an das Land Hessen, das dieses Geld zweckgebunden weiterreicht. Auf der anderen Seite hat die Bahn zugesichert, daß sie ihr Angebot mit diesen Transferleistungen und ihren Fahrgeldeinnahmen bis zum Mai 1998 beibehält. Sie denkt daran, ihre Produkte „Nahverkehr“ und „Regionalbus“ im Rhein-Main-Gebiet in einer eigenen Gesellschaft zusammenzufassen.

In seinem Gebiet schätzt der RMV den Aufwand für den öffentlichen Nahverkehr auf 2,1 Milliarden Mark jährlich. Darin eingeschlossen sind auch neue Linien für Bus und Bahn. Die Fahrgäste sollen 40 Prozent beisteuern. Der Bund ist über seinen Zuschuß mit 28 Prozent dabei, von den Kreisen und Kommunen kommen 20 Prozent. Das Land Hessen übernimmt 12 Prozent. Mit 175 Millionen oder 33 Mark pro Kopf im Verbundgebiet fördert das Land das Projekt – bei diesen Landeszuschüssen mußten die beitrittswiligen Kreise in Rheinland-Pfalz und Bayern passen. Markus Schmidt-Auerbach