■ Schnittplatz
: Malen mit Zahlen

Zufrieden mit sich und der Medienwelt präsentierte der RTL- nahe „Verband privater Rundfunk und Telekommunikation“ (VPRT) am Freitag eine Auftragsstudie zur „Konvergenz der Fernsehprogramme“. Die „gerichtete Konvergenztheorie“ unterstellt eine einseitige Angleichung der öffentlich-rechtlichen Programme an die der Privaten: Information und Bildung verschwinden zugunsten von Fiction und Unterhaltung. Die erstmals von Heribert Schatz (Uni Duisburg) formulierte These ist den Privaten sehr nützlich, torpediert sie doch das Gebührenprivileg, das erst jüngst vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung erneuert wurde, die Öffentlich-Rechtlichen seien „Faktor öffentlicher Meinungsbildung“.

Projektleiter Klaus Merten von der Universität Münster hat in seiner „Langzeituntersuchung“ von 1980 bis 1993 jährlich vier Wochen Fernsehen anhand der Programmzeitung Hör Zu erfaßt. 62.000 Namen von Sendungen wurden einem von der ARD entwickelten Kategoriensystem zugeordnet. Das Ergebnis wirkte wie bestellt: „Der 1980 noch das gesamte Programmangebot klar dominierende Informationsanteil (1980: 37,4%) schrumpft auf 24,4% in 1993. Als dominante Programmsparte wird er abgelöst von der Kategorie Fiction, die 1993 mit 35,7% fast den gleichen Sendeanteil hatte wie die Kategorie Information in 1980.“

Was so seriös wissenschaftlich daherkommt, ist allerdings eher suggestive Zahlenmagie: Denn durch die Schließung der „Mittagslücke“, die Einführung des Frühstücksfernsehens sowie die Verlagerung der Sendeschlusses senden ARD und ZDF gegenüber 1980 „ein durchschnittliches Mehrangebot von knapp sechs Stunden pro Tag“. Kleinlaut muß Merten zugeben, daß „das absolute Informationsangebot bei ARD und ZDF relativ konstant“ geblieben ist.

Allein aus dem Umstand, daß das Mehrangebot von ARD und ZDF fictionlastig ist, spinnt Merten seine Theorie der einseitigen Annäherung. Diese bereits in quantitativer Hinsicht erschlichene Evidenz wird allerdings noch fragwürdiger, wenn man die Qualität der untersuchten Programme berücksichtigt: Die bleibt nämlich gerade bei den Privaten konstant. Konstant abwesend.Manfred Riepe