Kammer ließ Jäger die Unwahrheit sagen e Unwahrheit sagen

■ bbi soll liquidiert werden / Angestelltenkammer überzieht Konto um vier Millionen Mark MUnwahrheit sagte

Aufgeschreckt durch den gestrige taz-Bericht über die Verschuldung der Angestellenkammer lud die Kammer-Spitze gestern kurzfristig zur Pressekonferenz. Sie sei „richtig empört“, meinte Kammer-Präsidentin Irmgard Gläser, daß der interne Vorgang so in die Öffentlichkeit gebracht worden sei. Es ein „nicht ganz unkomplizierter Sachverhalt“, meinte Kammer-Geschäftsführer Eberhard Fehrmann, im Grunde aber richtig dargestellt: Die Kammer will ihre Gebäude in Bad Zwischenahn und in der Berta von Suttner-Straße mit jeweils 3,5 Millionen Mark an die Sparkasse verpfänden. Die einen 3,5 Millionen braucht die Kammer, um die Liquidierung (inklusive Sozialplan) der Tochterfirma BBI zu finanzieren, 1996 sollen die rentablen Reste der Aufträge und die Hälfte der festangestellten Belegschaft in die „Wirtschafts- und Sozialakademie“ (Wiak) der Kammer integriert werden.

Bei den anderen 3,5 Millionen handelt es sich lt. Beschlußvorschlag für die Kammer-„Vollversammlung“, das Aufsichtsgremim aus DGB-Mehrheit und DAG-Minderheit, um „kurzfristige Verbindlichkeiten“, die in ein gesichertes Darlehen umgewandelt werden solle: Unabhängig von allen bbi-Kalamitäten hat die Kammer ihr eigenes Konto bei der Sparkasse um ca. 4 Millionen überzogen hat - und zahlt dafür 11,5 Prozent, macht ca. 40.000 Mark jeden Monat. Für einen Immobilien-gesicherten Kredit würde sie 5,5 Prozent zahlen - also nur noch knapp 20.000 Mark monatlich. (Auch die Kammer-Tochter bbi überzieht ihr Konto übrigens kräftig: Allein 1993 hat die Sparkasse an der bbi 450.000 Mark Zinsen verdient.)

Für die Entstehung des eigenen Finanzloches hatte die Kammer-Geschäftsführung gestern zwei Erklärungen: Einmal habe die Kammer-Wahl 1,69 Millionen gekostet, für die keine Rücklagen an Barmitteln gebildet worden seien. Zum zweiten seien die Summen aus EU-Projekten, die die Kammer von der Arbeitssenatorin zu bekommen habe, auf über 2 Mio angelaufen.

Bei der Kammer-Tochter bbi seien Auslands-Geschäfte eine der Ursachen der Pleite gewesen, meinte Fehrmann: etwa für die Weiterbildung von Fischern in Indonesien und von Werftarbeitern in Griechenland hätte die Bremer Angestellten-Kammer das Risiko übernommen. Über die entstandenen Reisekosten - 150.000 Martk in 1993 - hätte die Gesellschafterversammlung heftig debattiert. Seit Ende 1992 habe sich bbi auf sein gesetzesmäßiges Zuständigkeitsgebiet Bremen beschränkt, so hatte der für die Rechtsaufsicht zuständige Wirtschaftssenator Jäger der Bürgerschaft noch am 28.5.94 erklärt. Das sei wohl falsch gewesen, räumte Fehrmann jetzt intern ein - der Wirtschaftssenator war von der Kammer falsch informiert worden. In Wahrheit hat bbi noch weit in das Jahr 1993 mit Projekten außerhalb der BRD miese gemacht.

Mit acht Gesellschafterversammlungen hatten die DGB-Gesellschafter die bbi 1993 kontrolliert, aber „unsere Beschlüssen und Weisungen sind nicht alle umgesetzt worden“, sagte Fehrmann. Ende August war er dann soweit, die Ablösung des bbi-Geschäftsführers Graubner für erforderlich zu halten. „Aus übergeordneten Gründen des politischen Umfeldes“ hatte er aber dazu geraten, diese nicht zu vollziehen. Damit, so räumte er gestern ein, sei der laufende Kammer-Wahlkampf gemeint gewesen. Bis Ende November warben die DGB-Gewerkschaften wieder um das Vertrauen der Angestellten für die nächsten sieben Jahre - und gewannen. K.W.