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: Ein Aufruf zur Vogtsduldung!

Wie der Ball auch rollt, wie der Schuß auch fällt – die Vogtshasser fühlen sich in jedem Fall bestätigt. Wäre Stefan Effenberg nicht nach Hause geschickt worden, hätten sie Berti Vogts Führungsschwäche vorgeworfen.

Statt dessen lamentieren sie jetzt über den autoritären Führungsstil. Daß Vogts Beckenbauers Weltläufigkeit fehlt, gibt ihnen auch immer wieder Grund zur Klage.

Dabei handelt es sich vielleicht nur um einen Mangel an Windschlüpfrigkeit; im Gegensatz zum allzeit alerten Kaiser weigert sich der Terrier bis heute stur, vor der Bild-Sportredaktion ins Knie zu brechen oder sie auch nur bevorzugt zu informieren. Es wäre doch schön, wenn der eine oder der andere eingeschworene Vogtshasser seine Meinung über den Bundestrainer einmal fünf Minuten lang schwanken lassen könnte, auch wenn er Uwe Bein vergrault und um Bernd Schuster nicht gekämpft hat.

Nicht im Traum denkt daran Kommentator Kilchenstein von der Frankfurter Rundschau; ein Vogtshasser, bei dem der Grad der Erregung schon in einem schreiend schiefen Mißverhältnis zur Nichtigkeit des Anlasses steht. Um die vermutlich ebenfalls ausgelassen vogtshassende Leserschaft zu bedienen, hat Herr Kilchenstein die Pressekonferenz nach dem Vorrundenspiel gegen Südkorea gierig nach Indizien abgesucht, die neuen Vogtshaß schüren könnten. Überheblichkeit, Menschenverachtung, Arroganz und teutonische Rohheit glaubte Herr Kilchenstein dabei zu entdecken, als Vogts die südkoreanischen Spieler nicht namentlich nannte, sondern nur ihre Rückennummern. Kategorisch verlangte Herr Kilchenstein daraufhin eine offizielle Entschuldigung des DFB gegenüber Südkorea und der Völkergemeinschaft und nicht zuletzt auch gegenüber der Frankfurter Rundschau. Ist das nicht doch ein bißchen lächerlich?

Heribert Lenz, der altinternationale Fußballweise, kann das Genörgel der Vogtshasser nun auch „nicht mehr hören“ und hat sich deshalb zum „Vogtsdulder“ erklärt. Eine kluge Entscheidung!

Es ist doch nur ein Spiel. Gerhard Henschel

Der Autor ist Redakteur beim Satiremagazin „Titanic“.