Vor einem Jahr in Sivas: Hotel in Brand gesteckt

Warten auf die Mörder. „Tod den Ungläubigen“ schreien fanatisierte islamistische Massen, die das Hotel Madimak im zentralanatolischen Sivas eingekreist haben. Es hagelt Steine. Das Gebäude wird in Brand gesteckt. Metin Altiok, einer der bedeutenden Vertreter der türkischen Gegenwartslyrik (links im Bild), und weitere 34 Menschen, die vor einem Jahr nach Sivas gekommen waren, um ein Kulturfestival zu feiern, werden nicht überleben. Die Fotografin Mehtap Yücel, die per Zufall dem brennenden Inferno entronnen ist, hat die letzten Augenblicke im Hotel festgehalten. Mit Friedhofsbesuchen, Kundgebungen und Demonstrationen wurde am Jahrestag der Opfer gedacht, unter Parolen wie „Die Islamisten verbrennen, der Staat schaut zu“. Die herrschende Politik indes hat die Opfer zu Schuldigen erklärt: „Den Bürgern, die das Hotel umkreisten, ist nichts passiert“ (Ministerpräsidentin Tansu Çiller). Von der „Provokation“ des Schriftstellers Aziz Nesin (Bildmitte), der Salman Rushdies „Satanische Verse“ publizieren ließ, ist die Rede. Das Massaker wird heruntergespielt und relativiert: Die Öffentlichkeit wurde vom Prozeß vor dem Staatssicherheitsgericht Ankara ausgeschlossen. ö.e./Foto: Mehtap Yücel