Aufträge pflastern Li Pengs Weg

■ Chinas Premier verabredete Milliarden- Investitionen der deutschen Wirtschaft

Berlin (AP/dpa/taz) – Kooperation, Zuversicht, Milliardengeschäfte: der erste Arbeitstag des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng in Bonn stand gestern ganz im Zeichen wohlwollender Erklärungen aus Regierung und Wirtschaft. Bei der Eröffnung der deutsch-chinesischen Wirtschaftskonferenz im Kanzleramt sagte Bundeskanzler Helmut Kohl China die deutsche Unterstützung bei der weiteren Integration in die Weltwirtschaft zu. Li würdigte die deutsche China-Politik mit den Worten, die Bundesrepublik habe politisch „nicht so große Beschränkungen“ für eine Zusammenarbeit mit seinem Land. Die deutsche Wirtschaft zeigt sich durchaus generös. Der ehemalige BDI- Präsident Heinrich Weiss erklärte, er sehe im Drängen auf die Einhaltung der Menschenrechte in China keine Gefahr für die Handelsbeziehungen. Fünf Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung ist das Verhältnis zwischen den Regierungen in Bonn und Peking back to business. Regierungssprecher Dieter Vogel erklärte gestern, Kohl und der zu den Hauptverantwortlichen des Massakers von 1989 zählende Li Peng hätten bekräftigt, daß die Frage der Menschenrechte Bestandteil des Dialogs zwischen beiden Ländern sei. Kohl und Li wollten dieses Thema „vertrauensvoll und vertraulich weiterführen und konstruktive Lösungen anstreben“.

Bonn und Peking unterzeichneten gestern sieben Verträge, davon vier Regierungsvereinbarungen. Insgesamt 40 Abkommen sollen zwischen beiden Staaten während des einwöchigen Besuchs Li Pengs abgeschlossen werden. Li bezifferte das Volumen der Verträge auf rund 1,6 Milliarden Mark und das der Absichtserklärungen auf vier Milliarden Mark. Schwerpunkte der bereits beschlossenen Projekte sind die Errichtung einer Schnellbahnverbindung zwischen Peking und Schanghai, der Bau eines Kohlekraftwerkes für eine Milliarde Dollar, der Ausbau des Kaltwalzwerks in Baoshan für 200 Millionen Mark, der Bau einer Kunststoffabrik für 250 Millionen Mark sowie der Ausbau der Telekommunikation in China und die Zusammenarbeit in der Berufsausbildung. Überraschend lud Li deutsche Firmen auch dazu ein, sich am Bau von Generatoren für die Wasserkraftnutzung des Jangzi-Flusses zu beteiligen. Das Projekt des Jangzi-Staudammes wird wegen seiner ökologischen und sozialen Folgen international heftig kritisiert. Auch in China selbst hatten UmweltschützerInnen bis 1989 gegen den Damm gekämpft, heute ist die ökologische Opposition mundtot gemacht.

Am Rande der Bonner Bannmeile protestierten Bürgerrechtsgruppen gegen den Besuch Lis, der als einer der Hauptverantwortlichen für die Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung im Juni 1989 gilt. Gyaltsen Gyaltag, der Europavertreter des tibetischen Dalai Lama, appellierte an die Bundesregierung, die wirtschaftliche Zusammenarbeit von Verbesserungen der chinesischen Tibet-Politik abhängig zu machen. China erhält in diesem Jahr 192 Millionen Mark Entwicklungshilfe.

SPD-Chef Rudolf Scharping, der am Montag nachmittag mit Li sprechen wollte, hatte nach Angaben der SPD- Zentrale in Bonn eine Liste mit den Namen von politischen Gefangenen vorbereitet. Li Peng wird noch bis Samstag in Deutschland bleiben. Seiten 9 und 10