■ Das Portrait
: Bebeto

„USA auch von Clinton verlassen. Brasilien reicht dafür ein Bebeto“, titelte Corriere dello Sport nach dem gestrigen Achtelfinalspiel der Südamerikaner gegen die USA. Am amerikanischen Unabhängigkeitstag ging es um viel. Für die Gastgeber um das weitere Bestehen von „soccer“, dem Paria unter den amerikanischen Sportarten, für die Südamerikaner um den WM-Titel; der letzte liegt 24 Jahre zurück.

Und dann? Schienen dem haushohen Favoriten gegen den balltretenden amerikanischen David die Beine schwach geworden, von brasilianischem Ballzauber keine Spur. Folha de São Paulo: „Brasilien durchlebt ein Dilemma. Entweder es spielt ästhetisch, so wie es das Publikum will, oder pragmatisch, wie Trainer Parreira es befiehlt.“ Das Tor? Vernagelt. Wenn, ja wenn da nicht das Traumpaar Romario/Bebeto gemeinsam die US-Abwehr ausgetanzt hätte. Paß von Romario auf Bebeto, Bebeto trifft den Kasten. Der dreimalige Weltmeister ist im Viertelfinale. Brasilien atmet auf, Pelé durch: „Man braucht schon drei Herzen, um diese Gefühle zu bewältigen.“ Der Herzensbrecher heißt Bebeto, übersetzt: „großes Baby“. „Hänfling“, „Weichling“ hatten sie José Roberto Gama de Oliveira geheißen. Für diesen ist Kicken Staatsauftrag: „Das brasilianische Volk ist gebeutelt von Verbrechen und Inflation. Aber Fußball kann das Land glücklich machen.“

Am 4. Juli hat sich der 30jährige Stürmerstar des spanischen Vizemeisters Deportivo La Coruña von seinen Zweiflern frei geschossen. Tuttosport (Turin): „Bebeto holt Brasilien aus den Schwierigkeiten.“ Mit einem „meiner wichtigsten Tore“ schoß er sich auch aus dem Schatten seines Sturmpartners Romario. Die Mär, daß zwischen dem launischen, lauffaulen Superstar des FC

„Großes Baby“ Foto: Reuter

Barcelona und dem sensiblen, fleißigen Filigran-Fußballer die Chemie nicht stimme, bemüht sich Bebeto ständig zu entkräften. „Wir sind ein ideales Stürmerpaar und ergänzen uns glänzend“, schönredet Bebeto. Mit seinem zweiten WM-Tor ist Zuarbeiter Bebeto Brasiliens bisher bestem Schützen Romario (3) auf die Pelle gerückt.

„Wäre Fußball Kraft allein, dann könnte man ja auch einen Boxer aufs Feld schicken“, beschreibt der Star seinen Arbeitsplatz. Und: „Fußball ist Intelligenz, Schnelligkeit und Beweglichkeit.“ Er selbst: ein mannschaftsdienlicher Individualist, einer der letzten großen Vertreter jener aussterbenden Kickerzunft, die ihr Ball- Streichel-Talent noch auf der Straße gefunden hat. dpa/taz