Des Klezmers großer Tag

■ Kammerspiele: Giora Feidman mit Jugend-Klezmer-Orchester

Die Musik spielt hinten. Neun junge Musiker und Musikerinnen erobern sich mit Klezmermusik spielend den Saal der Kammerspiele. Vom angekündigten Star des Abends – Giora Feidman – fehlt noch jede Spur. Der betritt erst nach dem ersten, vielversprechenden Stück die Bühne und droht scherzhaft: „Sie sind sehr mutig, daß sie heute abend hierhergekommen sind, denn sie können gar nicht wissen, was auf sie zukommt.“

Der „King of Klezmer“ hat ein Jugend-Klezmerorchester eingeladen, das es in sich hat. Die frohe Schar aus Leverkusen, Leipzig und Dresden beweist, daß Klezmer nicht die Domäne romantischer Männer sein muß. Mit Violine, Gitarre, Oboe, Klarinette und Kontrabaß präsentieren sie mitreißend diese von Musikstilen aus der ganzen Welt beeinflußte Musik. „In Klezmer-Musik finden sie fast jedes Land. Denn 2000 Jahre lang waren die Juden über die ganze Welt verteilt. Es war die einzige Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren“, erklärt Feidman zwischenzeitlich. Der 58jährige versteht es, das Publikum direkt in seinen Bann zu ziehen. Er schlendert mit seiner Oboe auf der Bühne herum, trällert auch zu der Musik und ganz automatisch singen die Zuhörer eine Ballade mit: „Yadadadeida“. Ganz einfach.

Im Verlauf einer Deutschlandtournee nahmen Feidman und das Orchester auch an einem Gedenckonzert im Konzentrationslager Dachau teil. Aus diesem Anlaß schrieb die Oboe-Spielerin Anne Wulf ein kurzes Stück über die Pogrome. Geradezu liebevoll spielt Feidman auf seiner gläsernen Klarinette, begleitet von dem Gitarristen Stephen Benson, die leise und zarte Melodie. Während des Spiels nimmt der Virtuose kurz wie erklärend die linke Hand vom Instrument. Ein sehr bewegender Moment, dem sich kaum jemand im Saal verschließen kann. Feidman verbietet jeden Applaus und sagt: „Lassen sie ihren Gefühlen freien Lauf, ich übernehme die Verantwortung dafür.“

Ein großartiger Abend, der in der zweiten Hälfte durch den Auftritt des Bassisten Anthony Falanga und den Bandoneon-Spieler Roberto Panserea vollkommen wurde. Oder wie Feidman es ausdrückte: „It–s a great day.“

Andrew Ruch

Kammerspiele, noch bis zum 9. Juli, jeweils 20 Uhr