Begrenzt glaubwürdig

■ Prozeß um angeblichen Hooligan-Überfall auf Storkower Discothek endet mit Freisprüchen und Jugendarrest

Am Ende blieb nach zehn Verhandlungstagen vom brutalen Überfall von elf Berliner Hooligans auf eine Storkower Discothek wenig übrig. Bei der Urteilsverkündung schloß sich der Vorsitzende Richter Sachs gestern den Anträgen des Staatsanwalts nicht an, der teilweise Freiheitsstrafen gefordert hatte.

Nach fast vierstündiger Beratung erkannte das Gericht bei zwei der Angeklagten auf einfachen Landfriedensbruch und in einem Fall auf das Verwenden verfassungswidriger Symbole, weil einer der Beschuldigten zugegeben hatte, im Suff beim Absingen des Thälmannliedes den deutschen Gruß erboten zu haben. Insgesamt endete der Prozeß mit drei Freisprüchen und drei Einstellungen.

Bei zwei der Angeklagten wurde das Verfahren abgetrennt. Zwei der Angeklagten wurden zu drei Wochen Arrest, der mit der Untersuchungshaft abgegolten ist, und einer zu fünfzig Tagessätzen à zwanzig Mark verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft sah es dagegen als erwiesen an, daß die elf Jugendlichen im vergangenen Jahr vorsätzlich nach Storkow gefahren waren, um dort eine Schlägerei anzuzetteln. Im Verlauf der Auseinandersetzung hatte der Inhaber der Discothek „Volkshaus“ sechs der Jugendlichen mit gezielten Schüssen seiner Pistole schwer verletzt.

Im Prozeßverlauf hatte sich herausgestellt, daß die Aggressionen erst nach seinen Pistolenschüssen eskalierten. Der Discothekenbetreiber hatte dabei mehrfach auf einen bereits am Boden liegenden Lehrling und einen flüchtenden Jugendlichen geschossen. Die Aussagen, die die Jugendlichen belasteten, kamen fast ausschließlich vom Wirt, seinem Teilhaber und dessen Bruder. Von den vielen angeblich beim Angriff der mutmaßlichen Hooligans – die den Wirt zum Griff nach der Schußwaffe nötigten – schwer verletzten Gästen fand sich nur ein Zeuge.

Grundsätzlich hat das Gericht den Vorsatz der Verabredung zur Fahrt nach Storkow und den vorsätzlich begangenen Landfriedensbruch angezweifelt. Dagegen spreche auch, so der Vorsitzende Richter in seiner Begründung, daß die Angeklagten sich vorher nicht bewaffnet hatten.

Was indes die Pöbeleien und Aggressionen anbelange, kam das Gericht zu der Auffassung, daß diese mit hoher Wahrscheinlichkeit von einigen der Angeklagten ausgegangen sind. Wem allerdings die einzelnen Taten zuzuordnen sind, war im Prozeß nicht festzustellen.

Im Verlauf des Verfahrens hatten sich in der Vernehmung der über dreißig Zeugen die Vorgänge weitgehend anders dargestellt, als in der Anklage zugrunde gelegt. Am vorletzten Verhandlungstag konnte sich beispielsweise der wichtige Belastungszeuge nicht mehr an seine, damals bei der Polizei zu Protokoll gegebene Aussage erinnern und lieferte widersprüchliche Darstellungen. Die Staatsanwaltschaft will nicht in Revision gehen. Peter Lerch