Terror im Wohnblock, monatelang, und das auch noch nachts

■ Keine Handhabe für die Polizei, einen bekloppten Neonazi endlich zur Räson zu bringen? / Saga mahnt ab

Nur wenige Monate nach dem Einzug des 22jährigen Michael M. in die Saga-Wohnung in der Altonaer Esmarchstraße 51-55 begann der Terror. Laut spielte er Neonazi-Musik, gegenüber Anwohnern brüstete er sich, gute Kontakte zu Skinheads zu haben und auch der neofaschistischen „Freiheitlichen Arbeiterpartei“ (FAP) anzugehören. Obwohl nach taz-Infos kein „typischer FAP-Kader“, soll er enge Kontakte zur FAP-Szene in Tostedt pflegen, wo er mehrere Jahre wohnte.

Die Liste der Terrorakte ist mittlerweile lang: So schießt M. im November einer älteren Anwohnerin mit einem Luftgewehr in die Brust, weil ihr Hund gebellt hatte. Auch auf portugiesische Bauarbeiter, die auf einem Gerüst am Nachbarhaus arbeiten, ballert M. mehrfach. Die Polizei stellt das Gewehr sicher.

Wochen später schießt M. nachts mit Leuchtpatronen in den Hinterhof. Die Polizei stellt die Gaspistole sicher. Im April prügelt M. auf einen jungen Türken ein, so daß der erhebliche Kopfverletzungen erleidet. Als Türken-Kids ihrem Freund helfen wollen, bedroht er sie mit einer Eisenstange.

Tage später werden Nachbarn durch einen Zimmerbrand geweckt, beobachten, wie M. brennende Teile in den Hof wirft. In den Abendstunden des 7. Mai erschüttert eine Explosion das Wohnhaus. Der Fensterrahmen von der Wohnung steht in Flammen, brennende Flüssigkeit tropft die Fassade hinunter. Die Polizei stellt fest, daß M. Benzin entzündet hatte. Wenig später droht er Nachbarn: „Es geht niemanden an, was ich in meiner Wohnung für Experimente mache.“

Anfang Juni bedroht er einen Nachbarn mit einem Messer, nur durch das Einschreiten anderer kommt es zu keiner Körperverletzung. M. wird von Polizisten mit gezogenen Pistolen abgeführt.

Auch in den letzten Tagen kam es zu Zwischenfällen. Vorige Woche versprühten er und seine Freunde Gas im Treppenhaus, am Wochenende soll Michael M. eine Anwohnerin mit einer Pistole bedroht haben, vor drei Tagen schoß er wieder mit einer Waffe vom Balkon.

„Wenn die Polizei ihn mitnimmt, ist er nach vier Stunden wieder hier“, beklagen Nachbarn. Als vor ein paar Wochen einige Türken-Kids vor seinem Haus demonstrierten, rücken erstmals mehrere Streifenwagen an. Laut Augenzeugenbericht gingen die Polizisten aber gegen die Kids vor.

Auch als aufgebrachte Schüler der Bruno Tesch-Schule im Juni vor M.s Wohnung aufmarschierten, weil er wieder einen Schüler verprügelt hatte, kümmerten sich die Polizisten nur darum, die Pennäler in die Schule zurückzutreiben.

Polizeisprecher Werner Jantosch weist den Vorwurf der Tatenlosigkeit indes zurück: „Wir wissen, daß er sehr aktiv ist. Es ist vom Revier 21 aber sehr viel Energie aufgebracht worden, seine Aktivitäten zu unterbinden. Es gibt allerdings nur wenig Möglichkeiten, gegen ihn einzuschreiten.“ Aus Justizkreisen erfuhr die taz: Mit dem Versuch, einen Haftbefehl zu erwirken, blitzte die Polizei beim Haftrichter ab. Aber, so Polizeisprecher Jantosch: „Es sind Maßnahmen angeordnet worden, die soetwas in Zukunft unterbinden.“

Auch bei der Saga ist nach anfänglichem Zögern der Stein ins Rollen gekommen. Sprecher Hermann Boeckholt: „Wir haben ihn schriftlich abgemahnt. Beim nächsten Vorfall gibt es eine fristlose Kündigung. Das sind wir den Nachbarn schuldig.“Peter Müller