Guerilla-Folk: zornig, aber humorig

■ Ani DiFranco (USA) heute abend bei „women in (e)motion“ / Ein Gespräch

In den Staaten wird sie von der Kritik als Zukunft des Folk oder als Protestsängerin der 90er gefeiert, hierzulande gilt es noch, sie zu entdecken: Ani DiFranco. Allerdings führen die Label Folk oder Protest ein wenig in die Irre, denn sie decken nur einen Teil dessen ab, was die Musik der dreiundzwanzigjährigen Sängerin und Gitarristin ausmacht: Bissig-humorvolle Texte und eine musikalische Ausdrucksform, die von aggressiv bis zart reicht. Nicht selten spielt sie mit dem Widerspruch von sarkastischem Text und vordergründig-freundlichem Gesang. Die taz hatte Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch.

taz:Was halten Sie von Beschreibungen Ihrer Musik als Guerilla- oder Punk-Folk?

Ani DiFranco: Ich glaube, daß Kritiker vor allem das Zornige in meiner Musik aufgreifen. Und das ist sicher vorhanden, aber da sind auch viele andere Gefühle. Ich glaube, solche Gefühle, dieses Zornige, werden bei einer Frau eher nicht erwartet. Und sie wissen nicht so genau, was sie davon halten sollen. Das ist vielleicht der Grund, warum es so in den Vordergrund gerückt wird. Aber es ist schon okay.

Es ist ja heutzutage eher ungewöhnlich, eine aggressivere Haltung im Folk-Idiom auszudrücken.

Oft werden Gefühle von Aggressivität, Wut und so in Richtungen wie Punk oder Trash ausgedrückt. Aber da ist wenig Kommunikation. Wenn du die Leute mit Lautstärke oder Brüllen zuschüttest, kannst du nicht mit ihnen sprechen. Und ich denke, es gibt auch eine große Kraft und Intensität, wenn du ganz leise bist und die Leute dazu bringst, genauer hinzuhören. Das fördert gegenseitiges Verstehen mehr. Und das ist es, was ich möchte, ich will einen Dialog, ein Gespräch mit dem Publikum. Ich bevorzuge eine spärliche Instrumentierung, nicht die großen –walls of sound', das gibt den Songs Raum und Luft und das gefällt mir. Deshalb arbeite ich auch mit Andy zusammen, er trommelt irgendwie luftig, öffnet Räume.

Haben Sie eine Message?

Nun, ich setze mich nicht hin und mach eine Liste von Themen, die ich abarbeiten will. Ich erzähle die Geschichten, die mich bewegen. Und ich denke, das ist wichtig, daß Leute sich erzählen, was los ist, was sie erleben und was sie dazu denken. Nicht jede hat die Gelegenheit seine Meinung in den Medien zu verbreiten und ich finde es auch politisch wichtig, daß wir uns gegenseitig informieren.

Stellen Sie sich in eine bestimmte musikalische Tradition?

Hm, ich komme schon einerseits aus der Singer/Songwriter und Folksinger-Tradition. Andrerseits gibt es besonders in New York eine Szene, in der Dichter/Lyriker ihre Gedichte mit Musik verbinden, Bands haben und auch da sehe ich mich zugehörig. Aber ich versuche auch andere musikalische Einflüsse aufzugreifen, zum Beispiel westafrikanische Musik, mit dem speziellen Rhythmus und der Art Gitarre zu spielen.

Sie haben Ihr eigenes Plattenlabel, produzieren selber und gestalten sogar die Cover. Warum halsen Sie sich soviel Arbeit auf?

Im wesentlichen wegen der Freiheit und Kontrolle über meine eigene Arbeit. Und ich habe in den letzten Jahren hart gearbeitet, um mir eine solide Basis von Fans zu erspielen. Ich würde auch gern beweisen, daß es möglich ist, vollständig unabhängig zu bleiben und trotzdem mit den Majors zu konkurrieren. Außerdem finde ich, daß die großen Plattenfirmen Musik konform machen, sie glätten, Kreativität unterdrücken.

Interview: Farina

Ani DiFranco (voc, g) tritt heute abend mit Andy Stochansky (dr) um 23 Uhr in der Schauburg auf, am Sonntag, 20 Uhr, im Kito.