Ungewisse Zukunft für Telekom-Fachhochschule

■ Studierende sorgen sich um ihre Zukunft nach der Post-Privatisierung

Der Privatisierung der Post steht nach der Einigung mit der Gewerkschaft offenbar nichts mehr im Wege. Für die rund 560 Studierenden der Nachrichtentechnik an der Fachhochschule der Telekom in Tempelhof aber fangen die Probleme erst an: Welche Zukunft hat die seit über 40 Jahren bestehende Ausbildungseinrichtung?

„Wenn ich diese Frage beantworten könnte, wäre mir auch wohler“, sagt Horst Kissel, beim Hauptvorstand der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) in Frankfurt zuständig für berufliche Bildung. Er befürchtet in jedem Fall eine deutliche Reduzierung der Studienplätze. Zumal zur Zeit an drei Standorten Fachhochschulen der Deutschen Bundespost Telekom existieren. Neben Berlin gibt es in Leipzig und in Dieburg (Hessen) Ausbildungsplätze für Nachrichtentechnik. Der in Hessen zusammen mit dem Unternehmen Postdienst betriebene verwaltungswissenschaftliche Studiengang soll in ein Betriebswirtschaftsstudium umgewandelt werden, um der neuen privatwirtschaftlichen Ausrichtung der Post gerecht zu werden.

Die DGP ist selbstverständlich für den Erhalt aller drei Fachhochschulen der „Zukunftsbranche Informations- und Kommunikationstechnologie“. Gespräche darüber mit der Generaldirektion der Telekom sind für Anfang August vorgesehen.

Die Studierenden der FH Telekom tappen völlig im dunkeln. „Soll wohl eine Privatschule werden“, mutmaßt ein Student, der kurz vor seinem Abschluß steht; ein anderer widerspricht: „Eine Privatfirma wird sich so einen Luxus wohl nicht gönnen!“ Die Berufsaussichten beurteilen die meisten als eher düster: „Jobs bei der Telekom sind uns schon lange nicht mehr sicher.“ Dies bestätigt Roland Veit vom Asta der FH: „Vor vier Jahren, als ich anfing, verkündete die Telekom noch, daß sie Tausende von Ingenieuren brauche – heute werden die Vorverträge, die Studierende mit Telekom-Stipendium automatisch erhalten, nicht mehr eingelöst.“

Der faktische Einstellungsstopp bei der Telekom zeichnet sich bereits bei den rückläufigen BewerberInnenzahlen für Studienplätze der Nachrichtentechnik in Berlin ab. Kamen vor drei Jahren noch fast 300 BewerberInnen auf die pro Semester zu vergebenden 70 Studienplätze an der FH Telekom, so braucht man heute niemanden mehr abzuweisen.

„Einfach dichtmachen ohne Imageverlust können uns die in Bonn aber nicht“, zeigt sich Asta- Mitglied Veit überzeugt. Über den Rektor seiner Fachhochschule, Prof. Dr. Egon Hilt, weiß Veit von der Idee, eine Technische Hochschule in Trägerschaft der Telekom zu gründen, die zusätzlich zur Nachrichtentechnik noch Ingenieurswissenschaften und Informatik anbieten würde. Eine private, direkt von der Industrie finanzierte Hochschule wäre ein Novum in der Berliner Hochschullandschaft. Auf der Grundlage des § 123 BerlHG wäre so eine Konstruktion möglich, es bliebe freilich eine politische Entscheidung mit weitreichender Konsequenz. Studiengebühren wären sicher. Angeblich will sich Hilt für eine sozialverträgliche Abfederung über Stipendien oder Darlehen bei der Telekom einsetzen. Über die Details des Konzepts aber schweigt sich Rektor Hilt aus. Auch die Telekom-Direktion Berlin zeigte sich zugeknöpft. Bei der Bonner Generaldirektion „gibt es derzeit keine Beschlüsse, die am Bestand der FH rütteln“, so Pressesprecher Seibel.

Der Leiter des Geschäftsbereichs Berufliche Bildung bei der Generaldirektion der Telekom (Bonn), Herr Dauster, denkt da offenbar anders. Der Nutzen einer eigenen Hochschule könne darin bestehen, sie in unternehmensbezogene Forschungsprojekte und „den internen Know-how-Transfer“ einzubeziehen, sinnierte er Ende April beim vierzigjährigen Geburtstag der Einrichtung. Allerdings müßte die Fachhochschule dazu „kleiner und dafür feiner werden“.

Der direkten und industriegerechten Ausbildung für die Firma Telekom stünde dann nichts mehr im Wege. Fragt sich nur, für wen, denn ob sich Rektor Hilt mit seinen Vorschlägen für Stipendien und Darlehen durchsetzen kann, ist offen. So könnte in Berlin die Entwicklung zu einem Zwei-Klassen-Studium im Bereich der Zukunftsbranche Informations- und Kommunikationstechnologie angestoßen werden, bei der die TFH und die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Ostberlin das Nachsehen hätten. Martina Kretschmann