■ Press-Schlag
: Fußball statt Sumo

Mögen die Amerikaner immer noch über ihr Verhältnis zum runden Leder ins Grübeln geraten – in Japan ist der Fußball-Boom nicht mehr aufzuhalten. Schon seit Wochen ist die WM in den USA hier Sportthema Nummer eins. Nicht einmal das traditionelle Sommerturnier der Sumo-Ringer, das am vergangenen Sonntag begann und sonst stets die größte Aufmerksamkeit findet, kann derzeit mit Fußball konkurrieren. Geschweige denn Baseball, Japans bislang beliebtester Volkssport, der jedoch umgekehrt proportional zum Fußball seit einiger Zeit an Interesse verliert.

Vor allem die mutigen Auftritte der Mannschaften aus Südkorea und Saudi- Arabien erhielten den Beifall. Schließlich hatten die Japaner nur wegen eines unglücklichen Tores in der 90. Minute ihres letzten Qualifikationsspieles gegen den Irak die WM-Teilnahme verpaßt. Im direkten Vergleich mit Südkorea und Saudi-Arabien aber hatte die japanische Nationalmannschaft in den letzten Jahren fast immer gewonnen. So bleibt auch im nachhinein vorstellbar, daß die Japaner in den USA durchaus eine gute Figur abgegeben hätten.

Nach dem Achtelfinale standen in den letzten Tagen vor allem der Brasilianer Leonardo (rote Karte im Spiel gegen die USA) und Guido Buchwald im Blickpunkt, da beide nach der WM für japanische Klubs spielen werden. Der ungeheure Erfolg der erst im letzten Jahr gegründeten japanischen Profiliga ist der Hintergrund für die neue Fußballbegeisterung der Japaner. Noch vor vier Jahren war die WM in Japan ein Nicht-Ereignis. Nun werden erstmals alle Spiele live im Fernsehen übertragen, plus Wiederholung zur besten Sendezeit.

Den japanischen Kommentatoren ist freilich kaum entgangen, daß die WM schon vor dem Viertelfinale zu einer „Europameisterschaft mit Einladung Brasiliens“ verkommen ist, wie ein Fernsehsprecher bemerkte. Für die Japaner bleibt unverständlich, weshalb aus ganz Asien nur zwei Teilnehmer zur WM reisen durften, während man sich am Bildschirm das traurige Gekicke der europäischen Fußball-Zwerge aus Griechenland oder Norwegen anschauen mußte. Schließlich ist Fußball in Japan wegen der Show populär. Die japanische Liga wird deshalb fast ausschließlich von lateinamerikanischen Starspielern und Trainern dominiert. Insofern müssen auch Nippons Fußballmanager, die die WM im Jahr 2002 nach Japan holen wollen, ein zweites Mal überlegen, wie sie ihr Produkt verkaufen wollen. Deutschland-Bulgarien: das wird am Wochende in Tokio niemand interessieren, wenn hier die Heimmannschaft zu einem Freundschaftsspiel gegen Ghana antritt.

Afrika gegen Asien, das ist allemal spannender als Europa unter sich, womit die Japaner gar nicht mal unrecht haben. Georg Blume, Tokio