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Höflich ohne Rücksicht

■ Die chinesische Regierung verärgert ihre Gäste aus dem Ausland auf andere Weise

Li Peng, Herrscher über 1,2 Milliarden Menschen, ist – aus seiner Sicht – aus gutem Grund verärgert: Er muß sich eine Behandlung gefallen lassen, die er einem Staatsgast in seinem Land niemals zumuten würde. Schließlich ist er Chef einer Regierung, die Vertretern ausländischer Mächte in Peking alle Unbill vom Leibe hält. Freilaufende Demonstranten kommen nicht mehr vor. Wenn sie es doch tun, dann mit Duldung der chinesischen Führung, die den Besuchern etwas Unbehagen bereiten will, ohne selbst aktiv zu werden.

Li Peng wird sich, trotz anderslautender Beteuerungen, nicht überzeugen lassen, daß die Demonstrationen und ständigen Ermahnungen zum Thema Menschenrechte kein Versuch der deutschen Regierung sind, ihn zu beleidigen. Denn es liegt außerhalb seines Vorstellungsvermögens, daß niederrangige Politiker sich – ohne Rückhalt von ganz oben – erdreisten, ihm Lehren erteilen zu wollen. Wenn Helmut Kohl auch das Gegenteil behaupten mag. Das muß er ja auch, wird Li Peng denken. Gut gelogen ist gute Diplomatie.

Li Peng, Regierungschef eines wirtschaftlich aufstrebenden Landes, das allerorten wegen seines Gewichtes in der UNO und des lockenden Marktes umworben wird, hat in den vergangenen Monaten gezeigt, daß China den Spieß auch umdrehen kann. US-Außenminister Christopher und Frankreichs Premier Balladur besuchten China in der Hoffnung auf Zugeständnisse und Aufträge für ihre Wirtschaft. Die Gastgeber verhielten sich nach allen Regeln des Protokolls, sie rollten den Teppich aus und toasteten beim Bankett. Zugleich aber nahmen sie keineswegs „Rücksicht“ auf die Gäste. Sie verhafteten zahlreiche Dissidenten – was politisch höchst unangenehm für die Gäste war. Schlimmer war es für die Festgenommenen. Jutta Lietsch

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